In dieser Zeit (1929 – 1937) verschlechterte sich die allgemeine
Wirtschaftslage in Deutschland zusehends. Armut und Arbeitslosigkeit
nahmen zu - und die NSDAP wurde gleichzeitig immer stärker.  Die Eltern
von Joseph Ratzinger gehörten jedenfalls zu diejenigen, die „eindeutig
antinazistisch waren und Hitler von ganzem Herzen verabscheuten“, siehe
Details ...
Am 30. Jänner 1933, der kleine Joseph war im 6. Lebensjahr, wurde Adolf
Hitler Reichskanzler. Sein Vater erkannte die Gefahr: „jetzt kommt der
Krieg, jetzt brauchen wir ein Haus“, verkündete er seiner Familie und
erwarb für sein Erspartes ein heruntergekommenes altes Bauernhaus in
                         Hufschlag bei Traunstein, in das die Familie nach seiner
                         Pensionierung im März 1937 übersiedelte. „Das Haus selbst
                         war sehr einfach. Das Dach war mit hölzernen Schindeln
                         gedeckt (….) Es gab kein fließendes Wasser; frisches Wasser
                         musste aus dem Brunnen geholt werden. Doch trotzdem kam
                         es dem zehnjährigen Joseph wie ein Paradies vor, dass er
                         „nicht schöner hätte träumen können.“,  siehe Details...
Der kleine Joseph war nun zehn Jahre alt und er kam in die
erste Klasse des „humanistischen“, also altsprachlichen Gymnasiums. Er
war ein sehr guter Schüler und vor allem der Lateinunterricht lag ihm:
„Sein Leben lang sollte er dankbar dafür sein, die Kirchensprache „in alter
Strenge und Gründlichkeit“ gelernt zu haben, denn als Theologe konnte er
später Textquellen aus nahezu 2000 Jahren Kirchengeschichte im Original
lesen. Auch Griechisch, die Sprache, in der das Neue Testament
ursprünglich verfasst war, stand auf dem Lehrplan. Die beiden alten
Sprachen wurden zu seinen Lieblingsfächern“. (Georg R.*, S.96)
Georg Ratzinger kam 1935 auf das Erzbischöfliche Studienseminar in Traunstein,
siehe Details ...  sein kleiner Bruder Joseph folgte ihm dorthin im März 1939,
im Alter von 12 Jahren. Für die Eltern bedeutete dies eine starke
finanzielle Belastung. Die Pension des Vaters war sehr knapp und so
musste die Mutter einen Job als Köchin annehmen, um noch etwas dazu zu
verdienen.
Doch das Internatsleben fiel dem eher introvertierten Joseph sehr schwer.
„Ich hatte in großer Freiheit zu Hause gelebt, studiert, wie ich wollte, und
meine eigene kindliche Welt gebaut“, sagte Papst Benedikt XVI. später zu
dieser Phase seines Lebens. „Nun in einen Studiersaal mit etwa 60 anderen
Buben eingefügt zu sein war für mich eine Folter, in der mir das Lernen,
das mir vorher so leicht gewesen war, fast unmöglich schien.“ 
Glücklicherweise musste Joseph Ratzinger nur einige Monate das
Internatsleben ertragen, denn im September 1939 wurde dieses als
unmittelbare Folge des Kriegsausbruches beschlagnahmt, sodass die beiden
Brüder zunächst wieder von zu Hause zur Schule gingen. Später musste
Joseph zwar wieder ins Internat, doch dieses hatte einen Vorteil: Es gab
keinen Sportplatz. Stattdessen wanderten die Schüler nachmittags in den weiten Wäldern
der Umgebung oder spielten an einem nahen Gebirgsbach. Da wurden Stauwerke gebaut
und Fische gefangen, was so ganz nach seinen Geschmack war. So versöhnte ihn diese
Zeit mit dem Seminar und er musste zugeben, dass ihm das Geben und Empfangen in
einer Gemeinschaft gutgetan hat.“ (Georg R.*, S.111)
Der „Anschluss Österreichs“ im Frühjahr 1939 an Nazi-Deutschland hatte
übrigens für die beiden musikbegeisterten Brüder einen Vorteil: sie konnten
nun ungehindert nach Salzburg über die Grenze fahren – dabei entdeckten
sie ihre Liebe zu Mozart. So wurde 1941 in
Salzburg das Mozart-Jahr gefeiert, ein
anderes Mal fuhren Joseph und Georg
Ratzinger nach Salzburg, um Mozarts
c-Moll-Messe in der Salzburger St.-Peters-
Kirche zu hören. Georg Ratzinger erinnert
sich: Für uns war das wie ein Ausflug in eine
 ganz neue Welt, die uns gepackt und in ihren
 Bann gezogen hat. Diese Musik war für uns völliges
Neuland, denn weder in Aschau noch in Traunstein gab es Konzerte in diesem Sinn. So
durften wir zum ersten Mal in unserem Leben ein Konzert mit einer ganz hochwertigen
Interpretation von musikalischen Meisterwerken erleben, die uns einfach viel bedeutet
haben. Das hinterließ tiefe Spuren. So ist Mozart, glaube ich, noch heute der
Lieblingskomponist meines Bruders. Er liebt natürlich auch andere Komponisten und
ihre Meisterwerke, etwa die wunderbaren Bach-Passionen, die h-Moll-Messe von Bach,
und auch Haydn hat sehr schöne Messen geschrieben. Doch ich denke, Mozart sagt ihm
am meisten zu.“ (Georg R.*, S.113 ff.)
Joseph Ratzinger entdeckte in dieser Zeit aber auch die Literatur und die
großen literarischen Meisterwerke der vergangenen Jahrhunderte, die ihn
sehr interessierten. Einer seiner liebsten Autoren war damals Theodor
Storm und auch Goethe schätzte er sehr.
Ab 1936 war der Beitritt zur Hitlerjugend (HJ) für alle 14-jährigen Jungen
Pflicht. Auch Joseph und Georg Ratzinger wurden vom Seminar aus dort
angemeldet. Als jedoch das Seminar bei Kriegsbeginn geschlossen wurde,
weil es in ein Lazarett umgewandelt wurde, mussten auch die Schüler nicht
mehr zur HJ. Sie gingen auch später nicht mehr zur Hitlerjugend, obwohl
sie dann eine Schulgeldermäßigung bekommen hätten – was für die Eltern
natürlich finanziell eine große Erleichterung gewesen wäre. Doch das wollte
der Vater nicht, ebensowenig wie seine beiden Söhne. Die britische
Pressekampagne 2005 über den „Hitlerjungen Ratzinger“ ist deshalb
„reinster Unsinn“, siehe Details …
1940 feierte Hitler seine großen Triumphe, doch für Vater Ratzinger war
Hitler der Antichrist – und deshalb war es seiner Meinung nach unmöglich,
dass er gewinnen könne: „Ein Sieg Hitlers, so erklärte er, könne nie ein Sieg
Deutschlands sein. Es sei nur ein Sieg des Antichristen, der apokalyptische Zeiten für alle
Gläubigen und nicht nur für sie heraufführen müsse.“ (Georg R.*, S.114 ff.)
Und der Vater sollte Recht behalten. Doch noch war das Ende Hitlers nicht
in Sicht und auch die beiden Brüder wurden schließlich zum Arbeits- und
Kriegsdienst eingezogen. So musste Georg Ratzinger 1942 zum Reichsarbeits-
dienst und  im August 1943 wurde auch der 16jährige Joseph, zusammen mit
anderen Seminaristen aus Traunstein, als Luftwaffenhelfer nach München
geschickt. Dort wohnten sie in Baracken wie die regulären Soldaten und
mussten eine Zweigstelle der BMW-Werke schützen, wo Flugzeugmotoren
hergestellt wurden. Sie bekamen aber währendessen weiterhin einen
(reduzierten) Unterricht, den ihnen Lehrer des Münchner Maximilians-
Gymnasiums erteilten.
Für den 16jährigen Joseph, der sich selbst einmal als „gänz-
lich unmilitärischen Menschen“ bezeichnete, war es eine
schwere Zeit. Er konnte jedoch verhindern, dass er schiessen
musste, indem er sich zunächst bei der Messeabteilung und
dann bei der Telefonvermittlung einteilen ließ.
Am 10. September 1944 wurden die Schüler aus der Flak ent-
lassen. Doch kaum war Joseph Ratzinger zu Hause eingetroffen,
wurde er zum Reichsarbeitsdienst einberufen.
Die Aufgabe seiner Bataillon war es, in Österreich/Burgenland einen
„Südostwall“ zu errichten, um den Vormarsch der Russen aufzuhalten. Die
folgenden zwei Monate wurden zur schrecklichsten Zeit seines Lebens, denn
hier befahl die SS, siehe Details
Es war üblich, dass Arbeitsdienstleute an der Front automatisch von der
Wehrmacht übernommen wurden. Doch der Offizier, der die jungen Männer
einzuteilen hatte, glaubte wohl auch nicht mehr an einen „Endsieg“ -  er
schickte Joseph Ratzinger zurück nach Traunstein in die Kaserne.
Doch noch war der Krieg nicht zu Ende. So musste er sich Joseph Ratzinger
zunächst in der Traunsteiner Kaserne einer militärischen Grundausbildung
unterziehen. Und als dann doch kurz vor Kriegsende (im Frühjahr 1945) die
Abberufung an die Front drohte, fasste er sich ein Herz – und türmte
einfach, was zu dieser Zeit lebensgefährlich war, denn die SS hatte Befehl,
Deserteure standrechtlich zu erschießen.
Endlich rückten die Amerikaner in Traunstein ein. Doch sie machten das
Elternhaus von Joseph Ratzinger zu ihrem Hauptquartier. Als sie Joseph
als ehemaligen Soldaten identifizierten, kam er schließlich noch einige
langen Wochen in amerikanische Kriegsgefangenschaft in das Lager Neu-
Ulm.
Joseph Ratzinger wurde am 19. Juni 1945 entlassen – und kurz darauf kam
auch sein Bruder unversehrt aus dem Krieg zurück. Georg Ratzinger
erinnert sich: „Es war für mich kein Zufall, dass wir alle wieder beisammen sein
konnten, sondern eine Fügung Gottes: der Meinung waren wir damals alle. Dass wir
so viele gimpfliche Situationen im Krieg unbeschadet überstanden hatten,
bekräftigte uns beide, meinen Bruder wie mich, in der Überzeugung, dass Gott seine
Pläne mit uns hat. Die Erfahrung der Kriegsjahre hat uns zwar mit Gefühlen der
Angst konfrontiert, die wir  bis dahin nicht kannten. Wir waren in eine Welt
gezwungen worden, die uns zuvor völlig unbekannt gewesen ist, und die wir uns in
dieser Brutalität nie vorgestellt hätten. Wir haben buchstäblich dem Tod ins
Angesicht geschaut. Das brachte eine gewisse Neuorientierung mit sich und ließ uns
vieles, das uns zuvor als selbstverständlich erschien, plötzlich schätzen. Doch es
bekräftigte uns umso mehr in unserer Absicht, Priester werden zu wollen“ (Georg
R.*, S.135)
 
Erzbischöfliches Studien-
seminar in Traunstein
Der damalige Schlafsaal im
Internat des Studienseminars 
Salzburg -  im Vordergrund die Salzach, im
Hintergrund die Festung Hohensalzburg
Der Salzburger Dom
Im Inneren der Salzburger
St.Peters-Kirche
Joseph Ratzinger als
Luftwaffenhelfer (1943)
Als Flakhelfer (2.v.l.) 1943
Die Ratzinger-Familie 1937: von links Joseph, neben ihm
sein Bruder Georg, die Mutter, seine Schwester Maria
und ganz rechts der Vater
© Febr.2013 Elisa