Es war noch dunkel, als ich damals in der Früh aufwachte“, erinnert
sich Floribeth Mora Diaz aus Costa Rica. „Ich hatte das Gefühl, dass
gleich mein Kopf zerspringen würde“, beschreibt die heute 56jährige
die unerklärlichen, hämmernden Kopfschmerzen, von denen die
vierfache Mutter im Morgengrauen des 8. April des Jahres 2011
geplagt wurde. „Ich versuchte, sie zu ertragen und still zu bleiben, um
meinen Mann nicht aufzuwecken.“ Aber Jose hörte ihr leises
Wimmern. „Ich drehte das Licht auf und fragte sie, was los sei. Als ich
ihr schmerzverzerrtes Gesicht sah, wusste ich, dass sie dringend einen
Arzt brauchte“, erzählt ihr Mann.
In der Notaufnahme auf der Intensivstation der Calderon-Guardia-Klinik erkannten die
Ärzte sofort den Ernst der Lage. Nachdem sie ihren Kreislauf stabilisiert hatten, wurde
an ihrem Kopf eine Computertomographie durchgeführt. Nach der Auswertung der
Bilder stand für die Mediziner die Diagnose fest. Ein riesiges Aneurysma, eine
Gefäßerweiterung im Gehirn, verursachte diese Schmerzen. Und noch schlimmer: Der
sie dort behandelnde Arzt, der Neurologe Alejandro Vargas Roman, war aufgrund der
fehlenden technischen Ausrüstung des Spitals nicht willens, das Aneurysma operativ
abzuklemmen. „Das Risiko, dass die Patientin dabei ins Koma hätte fallen können oder
für immer gelähmt sein würde, stufte ich als zu hoch ein“, erinnert sich der Mediziner.
Roman verschrieb Diaz statt dessen blutdrucksenkende Mittel. Für eine Luxus-
Operation in Mexiko, USA oder Europa fehlte der Frau, die mit ihrem Mann seit vielen
Jahren in Cartago nahe der Hauptstadt San José lebt, das Geld.
Medizinisch gab es praktisch nichts mehr zu tun. Nach einigen Tagen der Pflege
empfahlen die Ärzte dem Mann, seine Frau nach Hause zu nehmen. „Ich habe
verzweifelt im Bett geweint, weil ich Angst hatte, zu sterben und meine Kinder allein zu
lassen.“
Doch offenbar hat Johannes Paul II., so wie seine beiden Nachfolger auf dem Stuhl Petri,
ein Herz für die Armen und Normalgebliebenen. Floribeth Mora Diaz verfolgte am Tag
seiner Seligsprechung, dem 1. Mai 2011, die Zeremonie im Vatikan via Fernsehen. Über
dem Fernseher hatte Diaz ein Schwarzweiß-Foto des zu segnenden polnischen Papstes
befestigt, ein Titelblatt der Zeitung „La Nación“. Aufgrund der Zeitverschiebung zu
Europa verfolgte Diaz die Übertragung mitten in der Nacht.
„Ich wandte mich inständig an die Fürsprache von Johannes Paul II.“, erinnert sich die
Patientin. „Sie war ganz betäubt von Medikamenten, betete darum, während der Feier
wach zu bleiben. Vom Bett aus verfolgte sie die Messe im Fernsehen“, erzählt ihr Mann.
„Zu Beginn der Messe wandte ich mich, den Blick auf das Papstbild fixiert, an ihn. ‚Tritt
bei Gott für mich ein, damit ich nicht sterben muss, und hilf mir, gesund zu werden‘,
flehte ich. Ich blieb die ganze Messe über wach, erst am Ende bin ich dann
eingeschlafen.“
Als sie nach sieben Stunden aufwachte, hörte sie im Inneren die Stimme von Johannes
Paul II. „‚Steh auf, hab keine Angst‘, sagte die Stimme immer wieder. Bestimmt eine
Viertelstunde lang. Plötzlich war es ruhig, und ich habe mich sofort gesund gefühlt und
bin aufgestanden. Jose saß neben mir und sah mich an, als wäre ich ein Geist“, lacht
Seither hat sie keine Störungen mehr gespürt. Um sicher zu gehen, ließ sich Diaz bald
darauf noch einmal von Dr. Alejandro Vargas Roman gründlich untersuchen. Dabei
machte dieser, wie er es auch dem Vatikan gegenüber angab, eine erstaunliche
Entdeckung. „Als ich die Aufnahmen sah, dachte ich erst, es seien die falschen Bilder.
Ich konnte keinerlei Spuren eines Aneurysmas sehen. Es sah aus wie eine ganz normale
Arterie. Auch nach der Katheter-Untersuchung. Mein Eindruck war: Hier ist etwas
passiert.“
Eine medizinisch unerklärliche Heilung. „Das hat es noch nie gegeben“, schildert Dr.
Roman seine Überraschung.
Die Freude und Dankbarkeit von Diaz waren freilich groß, deren Familie bei Nachbarn
als „traditionell katholisch“ und „moralisch anständig“ gilt. Ihre persönliche Reife und
die Echtheit ihrer Erfahrung dokumentierte die stets sportlich-adrett gekleidete Frau
dadurch, dass sie sich nicht an das nächstbeste Fernsehteam wandte, um mit ihrer
spektakulären Geschichte hausieren zu gehen, sondern bescheiden die Kirche „Nuestra
Senora de Ujarras“ in Cartago aufsuchte, wo sich eine Blutreliquie von Karol Wojtyla
befindet, ihres Helfers in der Not. Erst auf Initiative des dortigen Pfarrers Donald
Solano und eines mit ihm befreundeten polnischen Geistlichen teilte sie via E-Mail ihre
Erfahrung dem Vatikan mit.
„Es ist ein Wunder, das Gott vollbracht hat, damit wir glauben, dass er existiert. Was ich
sagen kann, ist, dass wir niemals den Glauben verlieren sollen“, so Mora Díaz. Die
Worte, die sie im Traum gehört habe, seien die gleichen gewesen, die der polnische
Papst im März 1983 bei einem Besuch in Costa Rica gesprochen habe, erzählt die
56jährige. Damals war sie unter den Gläubigen im Nationalstadion.
Papst Franziskus erkannte im Juli des vergangenen Jahres Floribeths Heilung per
Dekret als Mirakel an. Am Sonntag wird er Johannes Paul II. für dieses Wunder heilig
sprechen. Fünf Millionen Pilger werden zu der Zeremonie in Rom erwartet.
Quelle: “Die Ganze Woche”, Ausgabe Nr. 17/2014 vom 22.04.2014
http://www.ganzewoche.at/inhalte/artikel/?idartikel=6807/Die-Worte-des-Papstes-