Türkei: Gewalt bei Anti-
Regierungsprotesten in Istanbul
Gewalt bei Anti-Regierungsprotesten in Istanbul
Tränengas gegen Erdogan-Gegner
In der Türkei ist es am Freitag zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Gegnern
von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und der Polizei gekommen. Die
Demonstranten versammelten sich in Istanbul in der Nähe des Taksim-Platzes, wo
es schon im Sommer heftige Proteste gegen die Regierung gegeben hatte.
Die nach Schätzungen von Augenzeugen mindestens 1000 Teilnehmer forderten in
Sprechchören den Rücktritt der Regierung. Sie skandierten außerdem wie bereits bei
den Protesten im Sommer: "Überall ist Taksim, überall ist Widerstand". Die
Sicherheitskräfte gingen mit großer Härte gegen sie vor und setzten schon vor dem
offiziellen Beginn der Kundgebung Wasserwerfer, Tränengas und Plastikgeschosse
ein. Einige Demonstranten warfen Steine und Feuerwerkskörper auf die Polizisten.
Laut Agenturangaben wurden mehr als 30 Menschen festgenommen.
Ministersöhne unter Korruptionsverdacht
Auslöser der jüngsten Proteste war die Schmiergeldaffäre im Umfeld von Erdogans
Regierung. Vor eineinhalb Wochen hatte es im Umfeld der Regierung Dutzende
Festnahmen wegen Korruptionsverdacht gegeben. Die Ermittlungen richten sich
auch gegen Söhne von zwei Ministern, die inzwischen von ihren Ämtern
zurückgetreten sind.
Erdogan selbst weist in dem Korruptionsskandal jegliches Fehlverhalten zurück. Er
kritisierte dagegen die Ermittler und entließ rund 70 beteiligte Polizisten. Zudem
baute er sein Kabinett in großem Stil um und holte sich als besonders loyal geltende
Politiker an seine Seite.
Eine von Erdogan erlassene Verordnung, nach der Polizisten
Korruptionsermittlungen gegenüber ihren Vorgesetzten offenlegen sollten, wurde
dagegen von einem türkischen Gericht gestoppt. Mit dieser Verordnung wäre der
Grundsatz der Gewaltenteilung verletzt worden, teilten die Richter in Ankara mit.
EU appelliert an Erdogan
Auch die Europäische Union hat sich derweil in die Regierungskrise in der Türkei
eingemischt. Der für die EU-Erweiterung zuständige Brüsseler Kommissar Stefan
Füle forderte von Premierminister Erdogan eine "transparente und unparteiische
Aufklärung" des jüngsten Korruptionsskandals.
Die von der Regierung beschlossenen Änderungen der Polizeiarbeit hätten "die
Unabhängigkeit der Justiz und deren Handlungsfähigkeit untergraben", so Füle.
Indirekt drohte er damit, dass sich Ankaras Beitrittsperspektive verschlechtern
könnte: Als EU-Kandidat müsse die Türkei "die politischen Kriterien für einen
Beitritt respektieren."
Stand: 28.12.2013 01:09 Uhr
Quelle:  http://www.tagesschau.de/ausland/erdogan320.html