Die Gottesmutter MARIA als
Am 1. April 1656 stellte Polens König Jan Kasimierz in einem
feierlichen Akt das ganze Land unter die Schutzherrschaft
Mariens, die er zur „Königin Polens“ erklärte. Am 8. September
1717 fand mit Einwilligung von Papst Clemens XI. ihre offizielle
Krönung statt. Am 27. Juli 1920, als die bolschewistische Rote
Armee Polen bedrohte, wurde diese Marienkrönung feierlich
wiederholt. (Hesemann/Mari*, S.26)
Der Grund für diese tiefe Verehrung der Gottesmutter Maria ist eng mit dem
größten Marien-Gnadenort von Polen verbunden: Tschenstochau.
Im 14. Jahrhundert hatten sich dort auf einem Hügel (dem „Hellen Berg“
„Jasna Gora“) Mönche angesiedelt. „Ihnen stiftete Prinz Wladyslaw von
Opole nicht nur eine Kirche, sondern auch ein kostbares Marienbild, das
fortan ihr größter Schatz werden sollte. Der Legende nach hatte der
Evangelist Lukas selbst das Porträt der Gottesmutter auf den Tisch des
Hauses der Heiligen Familie in Nazareth gemalt. (…)
Tatsächlich handelt es sich bei der Darstellung der Schwarzen Madonna mit
Kind um eine byzantinische Ikone vom Typ Hodegetria („Wegweiserin“)
aus dem 6. bis 9.Jahrhundert. Es ist durchaus möglich, dass sie als Kopie der
berühmten Hodegetria von Konstantinopel entstand, die tatsächlich dem
Evangelisten Lukas zugeschrieben wurde, und ein Geschenk an einen
russischen Prinzen war. Jedenfalls zog das geheimnisvolle Marienbild schon
bald die Pilger in Scharen an. Immer wieder ereigneten sich Wunder, die
den Ruf der Gottesmutter von Tschenstochau als Helferin in der Not
begründeten.
Umso größer war das Entsetzen über die Schändung der Ikone. Am Ostertag
des Jahres 1430 war eine Bande von Anhängern des tschechischen
Reformators Jan Hus in die Marienkapelle eingedrungen, hatte dem
Gnadenbild ein paar kräftige Säbelhiebe versetzt und es zu Boden geworfen,
so dass es in drei Stücke zersprang.
Sofort ließ es der polnische König Wladislaw Jagiello nach Krakau bringen,
wo es aufwendig restauriert wurde. Die Säbelhiebe auf der rechten Wange
erhielt man zum Andenken an das Martyrium der Madonna. So wurde die
Ikone zum Symbol für die leidgeprüfte Nation. Wann immer Polen Gefahr
drohte, wann immer fremde Truppen das Land bedrohten, suchte das
gläubige Volk Zuflucht bei seiner Patronin.
Jasna Gora aber wurde zur Festung ausgebaut, erhielt mächtige Mauern.
Als die protestantischen Schweden 1655 ganz Polen besetzten, hielten nur
170 Soldaten, 20 Adlige und 70 Mönche in Tschenstochau die Stellung.
Selbst als 3000 Soldaten aufmarschierten, um den „Hühnerstall“, wie der
schwedische General Müller den Gottesberg verächtlich nannte,
einzunehmen, verweigerten sie die Kapitulation. Es kam zur Schlacht, und ,
wahrhaft ein Wunder, das polnische Heer Mariens siegte. Jetzt erst regte
sich im ganzen übrigen Land der Widerstand, bis man schließlich die
Eindringlinge vertrieb. Fortan wurde Jasna Gora für das polnische Volk zum
Symbol seiner religiösen und politischen Freiheit. (Hesemann/Mari*, S.25 ff.)
Das Wunder an der Weichsel
Ein ähnliches Wunder, das ebenfalls der Gottesmutter zugeschrieben wird,
ereignete sich auch 1920, das Jahr, in dem Karol Wojtyla geboren wurde
und das eigentliche Schicksalsjahr des polnischen Volkes war.
„Damals ereignete sich, was später als „das Wunder an der Weichsel“
bezeichnet wurde. In dem Versuch, das gerade seit vier Jahren selbständige
Land jetzt der Sowjetunion einzuverleiben, hatte der Revolutionsführer
Vladimir Iljitsch Lenin seine Truppen in Polen einfallen lassen. Doch er
rechnete nicht mit dem heftigen Widerstand, den ihm das Heer Marschall
Pilsudskis leistete. Der erfahrene Kommandant hatte eine Lücke zwischen
den beiden Korps der Roten Armee, die gegen Warschau marschierten,
ausgemacht und ließ seine besten Divisionen eben dort vorstoßen. Mit
einem Überraschungsangriff am Morgen des 15. August 1920 gelang es
ihnen, die zahlenmäßig weit überlegene Rote Armee vernichtend zu
schlagen. Die Russen flohen überstürzt, selbst ein geordneter Rückzug war
nicht mehr möglich, während auf polnischer Seite nicht einmal 200
Todesopfer zu beklagen waren. Pilsudskis Armee hatte den Vormarsch der
kommunistischen Weltrevolution erst einmal gestoppt und damit vielleicht
das ganze vom Weltkrieg geschwächte Europa gerettet.
Für die Polen stand fest, dass sie dieses Wunder nur einer himmlischen
Intervention zu verdanken hatte. Nicht zufällig, so glaubten sie, ereignete es
sich am 15. August, dem Kirchenfest Mariä Himmelfahrt. Von alters her
und bis auf den heutigen Tag pilgern sie an diesem Tag zu
Hunderttausenden, oft auf Knien, zu ihrem Heiligtum, dem Hellen Berg
(„Jasna Gora“) von Tschenstochau.“ (Hesemann/Mari*, S.24 ff.)