Die folgende Analyse widmet sich der Frage, wie sich die auffallend negative
Berichterstattung der traditionellen westlichen Medien über die Trump-Präsi-
dentschaft schlüssig erklären lässt. Dabei zeigt sich, dass keine der üblichen
Erklärungen – die angebliche Inkompetenz Trumps, eine angebliche »Links-
lastigkeit« der Medien, Einschaltquoten oder Partikularinteressen einfluss-
reicher Lobbys – stichhaltig ist.
Vielmehr dürfte die negative Berichterstattung auf geostrategische Aspekte
und die (bedrohte) Rolle des Council on Foreign Relations (CFR) als oberstes
geopolitisches Gremium der Vereinigten Staaten zurückzuführen sein. Die Be-
richterstattung westlicher Medien weist denn auch deutliche Parallelen zur
koordinierten Medienaktivität im Rahmen früherer Regime-Change-Operati-
onen in Drittstaaten auf.
Ausgangslage und Erklärungsversuche
Die Ausgangslage ist eindeutig: Gemäß einer Harvard-Studie berichteten die
traditionellen westlichen Medien bislang überwiegend negativ über die Trump-
Präsidentschaft: So fielen insgesamt 80%, bei der New York Times 87%, bei
CNN 93%, und bei der ARD sogar 98% der wertenden Beiträge negativ aus.
Zur Erklärung dieser einzigartig negativen Berichterstattung werden im Allge-
meinen vier mögliche Varianten diskutiert, von denen jedoch keine stichhaltig
ist, wie die folgende Analyse zeigt:
1.
Trump sei ein unsympathischer und unfähiger Politiker, über den die Me-
dien kritisch berichten müssen: Diese These scheitert schon daran, dass
rund 50% der US-Wahlbevölkerung dies offenbar nicht so gesehen haben.
Doch selbst wenn die Einschätzung zutrifft: Die USA hatten auch in der
Vergangenheit Präsidenten mit teils fraglichen Qualifikationen, über die
ebenso wohlwollend berichtet wurde wie über US-Verbündete, die nicht
eben Sympathieträger sind. Hinzu kommt, dass dieselben Medien über
denselben Trump in der Vergangenheit zumeist positiv berichtet haben.
2.
Die Medien in den USA und in Europa seien eben »linkslastig« und würden
den konservativen Trump deshalb ablehnen: Diese Erklärung steht im
Widerspruch zur positiven Berichterstattung über frühere republikanische
Präsidenten und über republikanische Mitbewerber Trumps. Zudem haben
gemäß der Harvard-Studie selbst konservative Medien wie Fox News ent-
gegen einer weitverbreiteten Annahme tendenziell kritisch (52%) über
Trump berichtet.
3.
Verantwortlich seien Partikularinteressen einflussreicher Lobbys, etwa der
Rüstungs-, Öl- oder Finanzindustrie oder der »Israel-Lobby«: Auch dieser
Erklärungsversuch kann nicht überzeugen, denn keine dieser durchaus
potenten Einflussgruppen hat Grund zur Klage über Trump: Trump setzte
sich stets für eine Aufrüstung des US-Militärs und der NATO ein und
schloss historische Waffengeschäfte mit Verbündeten wie Saudi-Arabien
ab. Zudem machte er den CEO des Ölgiganten Exxon Mobil zu seinem
Außenminister und engagierte sich für die Förderung fossiler Energie-
träger. Überdies holte er zahlreiche Wall-Street-Banker und Finanzmilliar-
däre in sein Kabinett, und versprach mehr Unterstützung für Israel sowie
eine mögliche Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt.
3.
Ausschlaggebend seien die durch Skandale erzielbaren Zuschauerquoten
und Leserzahlen:Tatsächlich sorgte der polarisierende Trump schon immer
für hohe Einschaltquoten. Dies gilt indes für beinahe jede Art der Berichter-
stattung über ihn, keineswegs nur für eine negative. Zudem verfolgt die be-
obachtete Berichterstattung zweifellos politische und nicht nur medien-
ökonomische Ziele.
Offensichtlich vermag keine dieser Varianten die überwiegend negative
Berichterstattung schlüssig zu erklären. Der tatsächliche Grund dürfte denn
auch tiefer liegen – und geopolitischer Natur sein: Trump kam mit seiner
national orientierten, »isolationistischen« Politik den globalen Ambitionen des
amerikanischen Council on Foreign Relations (CFR) in die Quere.
Wie in einem früheren Beitrag aufgezeigt wurde, prägten der Council on
Foreign Relations und seine inzwischen knapp 5000 Mitglieder in Spitzen-
positionen von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien seit Jahrzehnten
die Außenpolitik der Vereinigten Staaten. Dabei haben die Council-Strategen
nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass das Ziel darin besteht, ein globales,
geoökonomisches Imperium unter amerikanischer Führung zu etablieren (die
sogenannte Grand Area Strategy).
Tatsächlich wurde der CFR überhaupt erst aufgrund des sogenannten
»Traumas von 1920« gegründet: Nach dem Ersten Weltkrieg hätten die USA
erstmals die globale Führungsrolle übernehmen können – doch der Senat
entschied sich gegen den Beitritt zum Völkerbund und die kriegsmüde Bevöl-
kerung wählte mit Warren Harding einen Präsidenten, der eine »Rückkehr zur
Normalität« versprach und sich zuerst um die Angelegenheiten und Probleme
Amerikas und der Amerikaner kümmern wollte.
Mit seiner »America First«-Politik – die bislang unter anderem in der Aufkündi-
gung der transatlantischen und transpazifischen Freihandelsverträge und des
Pariser Klimaabkommens, der Blockade in Migrationsfragen, der Verständi-
gungspolitik gegenüber Herausforderer Russland und einem Kurswechsel in
Nahost resultierte – reaktivierte Trump dieses hundertjährige geostrategische
Trauma und stellte gleichzeitig die geopolitische Führungsrolle des Councils
und seiner Mitglieder in Frage.
Tatsächlich dürfte Trump der erste US-Präsident seit dem Zweiten Weltkrieg
sein, der nicht CFR-Mitglied oder wenigstens CFR-konform ist (Kennedy
verließ den geopolitischen CFR-Konsens erst im Laufe seiner Präsident-
schaft). Möglich wurde dies durch die unerwartete Niederlage von Favoritin
Clinton, deren Ehemann und Tochter Council-Mitglieder sind und die als
Außenministerin selbst diverse Ansprachen vor dem Council hielt (»Fort-
schrittsberichte« gemäß einer Wikileaks-Email).
Es ist verständlich, dass der Council auf dieses Fiasko reagieren musste.
Dabei ist zu bedenken, dass Eigentümer, Führungskräfte und Top-Journalisten
nahezu aller etablierten US-Medien gleichzeitig CFR-Mitglieder sind. Auch die
Schlüsselpersonen der etablierten europäischen Medien sind – aus histori-
schen und sicherheitspolitischen Gründen – via Bilderberg-Gruppe, Trilater-
aler Kommission, Atlantik-Brücke und weiterer CFR-Ableger in das internati-
onale Netzwerk des Councils eingebunden und sorgen für eine entsprechend
CFR-konforme Berichterstattung und Kommentierung.
Insofern kann es nicht überraschen, dass dieses historisch einzigartige, trans-
atlantische Publizistik-Netzwerk – das bereits unzählige Regime Changes und
Militärinterventionen in Drittstaaten erfolgreich angestimmt hat – einmal mehr
aktiviert wurde, um den »Usurpator« (Thronräuber) Trump abzuwehren be-
ziehungsweise – nach dessen Wahlsieg – doch noch zu bekehren – oder
notfalls zu stürzen.
Damit erklärt sich zugleich, warum es während der ersten einhundert Tage von
Trumps Präsidentschaft trotz aller negativen Schlagzeilen zwei Ereignisse gab,
über die CFR-konforme Medien beidseits des Atlantiks beinahe einstimmig po-
sitiv berichteten: Die Ernennung von H.R. McMaster zum Nationalen Sicher-
heitsberater am 20. Februar 2017, sowie der (illegale) Cruise-Missile-Angriff auf
Syrien am 7. April 2017. Einige der damaligen Schlagzeilen lauteten wie folgt:
- Zur Ernennung von McMaster: „Trumps brillante Wahl von McMaster“
(CNN); „gemäßigt und moralisch integer“ (Süddeutsche); „ein General, der
allen passt“ (Die Zeit); „ein führender Intellektueller innerhalb des Militärs“
(New York Times); „Die USA und die Welt sind sicherer durch diese Ent-
scheidung“ (The Atlantic); „ein dekorierter und hoch angesehener Absol-
vent der Militärakademie West Point“ (ARD); „Trump erntet Lob“ (Der
Spiegel); „Eine ausgezeichnete Wahl“ (John McCain)
-
Zum Angriff auf Syrien: „Die europäische Presse lobt Donald Trump, einige
feiern ihn sogar“ (DPA); „Trump hat ausnahmsweise richtig gehandelt“ (Die
Presse); „Eine notwendige Strafe für Assad“ (NZZ); „Die Profis überneh-
men das Kommando“ (Handelsblatt); „Die überraschende Wandlung des
US-Präsidenten“ (Die Welt); „Syrien-Luftschlag krönt erfolgreiche Woche
für Trump“ (New York Post); „Ein Syrer bedankt sich bei Trump“ (CNN)
Weshalb diese beiden bemerkenswerten Ausnahmen? Mit der nachträglichen
Ernennung McMasters holte Trump – nachdem er Vorgänger Michael Flynn auf
Druck der Medien entlassen musste – erstmals ein CFR-Mitglied in eine
Schlüsselposition seines Kabinetts. Der Council – der nahezu alle Außen-,
Verteidigungs- und Finanzminister, Nationalen Sicherheitsberater und CIA-
Direktoren seit dem Zweiten Weltkrieg stellte – konnte damit einen ersten
wichtigen Etappensieg erringen.
Und der eigenmächtige Raketenangriff auf Syrien – basierend auf einem
dubiosen »Giftgasangriff« – war ein entschieden imperialer Zug, mit dem
Trump erstmals der langjährigen CFR-Strategie gegenüber Syrien und
Russland folgte. CNN-Topjournalist und Trump-Kritiker Fareed Zakaria
meinte damals sogar, dass Trump (erst) »in dieser Nacht zum Präsidenten
der Vereinigten Staaten« wurde:
„Ich denke, das war ein großer Moment. Trump realisierte, dass der US-Präsi-
dent handeln und internationale Normen durchsetzen muss. Zum ersten Mal
sprach er von internationalen Normen und Regeln und über die Rolle Ameri-
kas, Gerechtigkeit in der Welt durchzusetzen. Es ist diese Art Rhetorik, die wir
von amerikanischen Präsidenten seit Truman [d.h. seit dem 2. WK] erwarten,
die aber Trump bewusst nie benutzt hat, weder in seiner Wahlkampagne noch
in seiner Inaugurationsrede. Das war also eine interessante Wandlung und
eine Art Erziehung von Donald Trump.“
Zakaria musste es wissen, denn er ist nicht nur CNN-Journalist – sondern
auch Vorstandsmitglied des Council on Foreign Relations (sowie Mitglied der
Trilateralen Kommission und mehrfacher Teilnehmer der Bilderberg-Kon-
ferenz). Allerdings hielt diese »Wandlung und Erziehung« von Trump vorerst
nur kurz an, weshalb auch die CFR-affinen Medien alsbald zu ihrer Kritik an
Trump zurückkehrten.
»Mord im Weißen Haus zum Beispiel«
Die Rolle des CFR erklärt schließlich auch die ungewöhnlich offensive
Berichterstattung der europäischen Medien, die ja sonst eher US-konform
ausfällt. Denn die europäischen Regierungen und Medien richten sich durch-
aus nicht nach dem jeweiligen US-Präsidenten – der ja ohnehin nur für ein
paar Jahre im Amt ist – sondern nach dem seit Jahrzehnten das weltum-
spannende American Empire dirigierenden Council. Dieser entscheidende
Unterschied wurde jedoch erst mit Trump bedeutsam und für die Öffentlich-
keit sichtbar, da Präsident und Council nun erstmals nicht mehr auf der-
selben Linie lagen.
Wäre Trump von Anbeginn ein CFR-konformer Kandidat gewesen, so hätten
ihn die exakt selben Journalisten, die ihn nun kritisieren, vermutlich als »visi-
onären Unternehmer«, »pragmatischen Verhandlungspartner« und »stand-
haften Führer der freien Welt« gelobt – charakterliche Schwächen hin oder her.
Allerdings wäre Trump in diesem Fall wohl gar nicht erst zum US-Präsidenten
gewählt worden.
Nun aber muss der Council mit seiner geballten Medienmacht versuchen,
Präsident Trump auf CFR-Kurs zu bringen. Gelingt dies nicht, bliebe nur noch
die Amtsenthebung mittels eines echten oder inszenierten Skandals. Oder
aber es tritt jenes Szenario ein, das Josef Joffe, der Herausgeber der ZEIT und
ehemaliges Mitglied von Atlantik-Brücke, Bilderberg-Gruppe und Trilateraler
Kommission, im Presseclub der ARD bereits antizipiert hat: »Mord im Weißen
Haus zum Beispiel«.
Trump versucht seinerseits, über neue und soziale Medien das Medien-
imperium des Councils zu umgehen und zu untergraben – wobei sich beide
Seiten gegenseitig vorwerfen, »Fake-News« zu verbreiten. Der Council
reagierte hierauf mit diversen Kampagnen zur Abwehr von (angeblich russi-
scher, also geopolitischer) »Desinformation« sowie mit Restriktionen für so-
ziale Medien und sogar Suchmaschinen – wovon längst nicht nur Trump-An-
hänger betroffen sind. All dies ist freilich nicht erstaunlich, sind doch die Füh-
rungskräfte von Google, Youtube, Facebook & Co. selbst CFR-Mitglieder.
In den kommenden Jahren wird sich zeigen, ob durch diesen geostrategischen
Machtkampf letztlich das Ende der medialen Einheitsmeinung, oder eher das
Ende der Meinungsfreiheit eingeläutet wird.
Quelle und gesamter Artikel: https://swprs.org/trump-medien-geopolitik/ (August 2017)
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