Am Anfang war es für den dreizehnjährigen Donald in dem Internat aber sehr
hart: „Als dreizehnjähriger Neuling an der NYMA bekam es der blonde Donald
Trump mit dem Milchgesicht schon bald mit einem brüllenden Kriegsveteran
der US Army namens Theodore Dobias zu tun (…)
Von Anfang an legte er großen Wert auf eiserne Disziplin. Für Neulinge mar-
kierte das Bellen von Dobias den Moment, in dem sie den Ernst ihrer Lage
erkannten. „Damals prügelte man einen noch grün und blau. Es war nicht wie
heute, wo man jemanden schlägt und dann ins Gefängnis wandert“, sagte
Trump Jahrzehnte später. „Er konnte ein fieses Arschloch sein. Er vermöbelte
uns gnadenlos. Man musste lernen zu überleben.“ Trump erinnerte sich, dass
Dobias einmal, als er einen Befehl nur mit einem Blick erwiderte, der um eine
Atempause bettelte, „über mich herfiel, wie man es kaum glauben würde.“
(S.84*)
Trotz des harten Beginns ihrer Beziehung betrachtete Donald Trump schließ-
lich Ted Dobias als sein erstes echtes Vorbild, von seinem Vater einmal abge-
sehen: „Dobias half ihm, sich an eine Umgebung anzupassen und in ihr aufzu-
blühen, wo das Machoprinzip der Stärke und Männlichkeit dominierte. Ein Mit-
schüler von Trump, Harry Falber, erinnerte sich, dass die systematischen Schi-
kanen unter den Schülern viel schlimmer waren als die Disziplin, die vom Per-
sonal eingefordert wurde. Es war vielleicht nicht gerade wie in William Gold-
ings „Lord of Flies“ (Herr der Fliegen), aber der Umgang an der Schule war
„voller Aggression“, sagte Falber, und gelegentlich herrschte eine Mafia-
mentalität. (…)
Die Regeln, an die sich die Kadetten halten mussten, waren in einer Broschüre
mit dem Titel „Generalanweisung Nr.6“ zusammengefasst, die den unheilvollen
Untertitel „Strafmaßnahmenkatalog“ trug. Jeder Junge bekam sie bei seinem
ersten Tag an der Schule überreicht.
Dieser Verhaltenskodex wies darauf hin, dass ein Junge für alles von einer Flu-
se auf der Uniform, über einen Telefonanruf, der länger als fünf Minuten dau-
erte, bis hin zum Händchenhalten „mit einer jungen Dame“, Minuspunkte erhal-
ten konnte.  Ein schwerer Verstoß, oder eine Reihe kleinerer Verstöße, darunter
Insubodination und „Unmoral“ (womit die Kadetten homosexuelle  Praktiken
assoziierten), waren so gravierend, dass sie unter Umständen den Rauswurf
eines Jungen nach sich zogen.
Donald Trump blühte in der NYMA  offenbar regelrecht auf. Er fühlte sich in der
Uniform wohl – glänzend geputzte Schuhe und spiegelblank polierte Gürtel-
schnallen – und gewöhnte sich an die Mahlzeiten in der Kantine. Auf sich ge-
stellt in einer rein männlichen, militärischen Umgebung, weit weg von Mutter,
Vater und Geschwistern, lernte der Junge schon bald, dass „Leben überleben
heißt. Es geht immer ums Überleben.“
Als guter, wenn auch nicht herausragender Schüler wurde er zu einem Liebling
von Dobias und verinnerlichte das Gefühl der Überlegenheit, das einem an der
NYMA mit der Stetigkeit eines Trommelschlags eingebläut wurde. (Sogar der
Katalog der Schule prahlte damit, dass sie „überlegen“ und eine „ausgezeich-
nete Schule“ sei, wo „jeder Junge über persönliche Erfahrung vertraut ge-
macht wird mit den Problemen derjenigen, die geführt werden, und derjeni- 
gen, die führen“.)
Die streng hierarchisch organisierte und hypermaskuline Einrichtung verlangte
physische Opfer ab, und den Kadetten wurden eine Erlebniswelt und Beziehun-
gen verwehrt, die ihre Freunde zu Hause genossen. Keine Mütter, keine Väter.
Keine Brüder, keine Schwestern. Bei Theateraufführungen wurden weibliche
Rollen von Jungen in Frauenkleider gespielt.
Das Ganze war Teil eines Erzieh-ngsplans, den man ausgearbeitet hatte, um
eine gewisse Selbstdisziplin und die Fähigkeit zu vermitteln, auch unter Druck
Leistung zu bringen. Sportler wurden bewundert, was allerdings für viele, wenn
nicht die meisten Highschools im Nachkriegsamerika galt.“ (S.87ff.*)
*)  Michael D’Antonio, „Die Wahrheit über Donald Trump“,
     2016, Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin