Abschied von "Tata Madiba"
Vereint in der Trauer um Mandela
Zehntausende Südafrikaner und Staatsgäste aus aller Welt sind in Johannesburg
zum Abschied von Nelson Mandela zusammengekommen. Allerdings waren es
wegen strömenden Regens weniger Besucher als erwartet. Die zentrale Trauerfeier
im Stadion von Soweto begann nach einstündiger Verspätung mit dem Singen der
südafrikanischen Nationalhymne. Der Leichnam Mandelas ist dort allerdings nicht
aufgebahrt.
Laut südafrikanischer Regierung nehmen etwa 90 amtierende und ehemalige Staats-
und Regierungschefs an der gut vierstündigen Zeremonie teil. Südafrikas Präsident
Jacob Zuma wurde dabei allerdings mehrfach ausgebuht, im Gegensatz etwa zu
seinem Amtsvorgänger Thabo Mbeki. Die Anwesenden empfingen US-Präsident
Barack Obama mit großem Jubel. Er nannte Mandela einen "Giganten der
Geschichte" und den "letzten großen Befreier".
Präsidenten würdigen Mandela
US-Präsident Barack Obama:
"Er verstand, dass Ideen nicht von Gefängnismauern eingesperrt oder von der
Kugel eines Scharfschützen ausgelöscht werden können."
Brasiliens Präsidentin Dilma Roussef:
"Mandela ist ein Vorbild für alle, die Freiheit, Gerechtigkeit und Weltfrieden
anstreben."
Chinas Vizepräsident Li Yuanchao:
"Mandelas Geist wird ewig leben."
Indiens Präsident Pranab Mukherjee:
"Mandela hat das Unmögliche für sein Volk durchgesetzt."
Kubas Präsident Raul Castro:
"Mandela war dem revolutionären Kampf für Frieden, Gerechtigkeit und
Versöhnung verpflichtet."
Obama und der kubanische Präsident Raúl Castro gaben sich während der
Zeremonie in einer historisch beispiellosen Geste die Hand.
Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hielt eine Rede. Er würdigte den
Verstorbenen als "Leuchtfeuer der Hoffnung und der Menschenrechte". Geplant ist
ebenso eine Ansprache von Andrew Mlangeni, der mit Mandela auf der
Gefängnisinsel Robben Island inhaftiert war. Deutschland wird von
Bundespräsident Joachim Gauck vertreten.
Schon in den frühen Morgenstunden waren viele Südafrikaner nach Soweto
gekommen. Manche hatten die ganze Nacht vor dem Stadion verbracht, um auf
jeden Fall dabei zu sein. Am Morgen dann strömten immer Menschen singend und
tanzend ins Stadion, trugen südafrikanische Fahnen und Bilder Mandelas. Vor
dem Eingang erklangen Gesänge wie "Shosholoza", die an die Fahrten der
schwarzen Arbeiter zu den Goldminen erinnern. "Viva Tata Madiba!", riefen die
Trauernden, die den Clan- und Kosenamen Mandelas, Madiba, und das
südafrikanische Wort für Vater nutzten.
Der Trauerakt wird an 90 Orten im Land auf Großleinwänden sowie in drei
weiteren Stadien von Johannesburg für die Öffentlichkeit übertragen.
"Die ganze Welt kommt im wahrsten Sinne des Wortes nach Südafrika", sagte ein
Sprecher des südafrikanischen Außenministeriums. Zu den Gästen zählten
"Könige und Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen". Das sei beispiellos in der
Geschichte des Landes. Logistisch allerdings stehe die Regierung vor "einer sehr
schweren Aufgabe".
Der südafrikanische Friedensnobelpreisträger war am Donnerstag nach langer
Krankheit im Alter von 95 Jahren gestorben. Er hatte sein Land aus der
Rassentrennung in die Demokratie geführt.
Von Mittwochmorgen an soll der Leichnam Mandelas drei Tage lang im
Amphitheater vor dem Regierungskomplex in Pretoria aufgebahrt werden. Am
Sonntag wird der Nationalheld dann beigesetzt: im Dorf Qunu am Ostkap, wo er
aufgewachsen war. Dazu werden etwa 9000 Trauergäste erwartet.
Am 16. Dezember, in Südafrika als "Versöhnungstag" ein Feiertag, wird in Pretoria
ein Mandela-Denkmal enthüllt.
US-Präsident Obama: "Sein Kampf war
euer Kampf. Sein Triumph war euer
Triumph", rief er den Teilnehmern der
Trauerfeier zu. "Eure Würde und eure
Hoffnung fanden Ausdruck in seinem
Leben. Eure Freiheit und eure Demo-
kratie sind sein geschätztes Erbe."
Auch in den USA wird Mandela ver-
ehrt. Zahlreiche Menschen versammeln
sich vor der Südafrikanischen Bot-
schaft in Washington, wo der Friedens-
nobelpreisträger in kämpferischer Pose
als Statue verewigt wurde.