Popov und Milstein schreiben in iher Biographie, die teilweise auch auf
persönlichen Gesprächen mit Julia Timoschenko beruht, folgendes:
“Später sollte sie über ihre ersten Ehejahre während der Perestroika
sagen: “Meine Familie und auch die meines Mannes waren durchaus arm
zu nennen. So sehr, dass wir manchmal unserem Kind keinen Fruchtsaft
kaufen konnten.”
Und das meinte sie ernst. Julia legte hier das Maß einer anderen Zeit an.
Es kam vor, dass Parteifunktionäre, selbst wenn sie im Kreml tätig waren,
weniger verdienten als ein Bergmann, besonders wenn der seine Kraft im
hohen Norden einsetzte.
Allerdings gewährten Partei und Regierung ihren treuen Dienern
zahlreiche Privilegien. In der Gesellschaft des entwickelten Sozialismus
konnte Julia nicht von Chanel-Kostümen oder vier Flugzeugen zur
persönlichen Verfügung träumen. Aber längerfristig durfte sie auf ein
abgesichertes Leben hoffen. Dazu gehörten ein akademischer Grad, ein
guter Schaffellmantel aus Bulgarien, eine Wohnung in einer angesehenen
Gegend, Lebensmittel über die Sonderver-sorgung, ein Erholungsheim
auf der Krim, gelegentlich eine Reise ins Ausland.
Für die Chefin eines Gaskonzerns ein kümmerliches Dasein. Für das
Mädchen aus dem “Haus des Taxifahrers” das Paradies.”
Quelle: Dmitri Popov/Ilia Milstein, “Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie”,
2012 Redline Verlag, S.45