Schönheit, Kunst und Ästhetik
Neben Liebe und Harmonie symbolisiert die Venus in der Astrologie auch
das Prinzip der Schönheit und der Kunst. Warum gehören diese Prinzipien
zusammen? Warum ist Schönheit und wahre Kunst untrennbar mit dem gros-
sen Gesetz der Harmonie verbunden? Weil auch Schönheit Ausdruck der
allem Sein innewohnenden Ordnung ist. (...)
Denn was ist es, was einer Form/Gestalt den Eindruck von Schönheit
verleiht? Es ist das harmonische Zusammenspiel der einzelnen Teile unter-
einander. In der Psychologie kennt man dazu den Begriff der Gestaltqualität 
sowie eine Tendenz zur Prägnanz oder zur sogenannten „Guten Gestalt“,
die für den Ausdrucksgehalt und den ästhetischen Wert von Gebilden, wie
z.B. Bauwerken, verantwortlich ist. Bei Erreichen der “Guten Gestalt” ent-
steht der Eindruck von Ausgewogenheit, Harmonie und Schönheit.
Wir können den Sinn für die “Gute Gestalt” auch als Sinn für Ästhetik
bezeichnen, den Lüscher folgendermaßen definiert: „Als ästhetisch pflegen
wir all das zu bezeichnen, was wir mit unseren Sinnen als harmonische Ge-
stalt empfinden. Das kann für eine Landschaft, für einen Menschen, für eine
Bewegung oder für eine Melodie gelten. Aber auch der Geschmack auf der
Zunge oder der Duft eines Parfüms sagt uns, ob das Aroma eine harmonisch
gestaltete Köstlichkeit ist.“
Auch in der Kunst, die ja ebenfalls der Venus zugeordnet wird, drückt sich
dieses Prinzip der Harmonie und  Ausgewogenheit aus. Die Schönheit und
Harmonie der Gestalt wurde zum Beispiel in der Antike durch Anwendung
des sogenannten „Goldenen Schnittes“ erreicht.
Der Goldene Schnitt ist eine Darstellung des Gesetzes des Universums, der
hermetischen Regel „wie oben so unten“ in geometrischer Form. Er entsteht
durch  Teilung einer Strecke in der Weise, dass die Abschnitte a und b im
gleichen Verhältnis zueinander stehen wie der längere Abschnitt zur ganzen
Linie. Das Verhältnis a/b ergibt die irrationale Zahl 1,618... Dieses Verhältnis
kann man auch mit der sog. Fibonacci-Zahlenreihe finden, die mit 0 und 1
beginnt und dann jede weitere Zahl als die Summe der beiden vorher-
gehenden berechnet: 0, 1, 1, 2, 3, 8, 13, 21, 34 ....
Das Verhältnis jeder Zahl zu ihrem Vorgänger nähert sich hier allmählich
dem Verhältnis des Goldenen Schnittes an.
Wir sehen also, dass wahre Schönheit und Kunst viel mit Ordnung, mit
Mathematik und Geometrie zu tun hat.
Auch Gurdjieff bezeichnet jede wahre Kunst als mathematisch:  „In
wirklicher Kunst ist nichts zufällig. Sie ist mathematisch. Alles kann in ihr
vorausberechnet werden, alles kann im voraus erkannt werden. Der Künstler
weiß und versteht, was er mitteilen will, und sein Werk kann nicht einen Ein-
druck auf einen Menschen und einen anderen auf den nächsten machen -
vorausgesetzt natürlich, dass beide auf der gleichen Stufe stehen.“
Als Beispiele einer solchen wirklichen Kunst nennt Gurdjieff die große
ägyptische Sphinx, „ebenso wie einige geschichtlich bekannte Bauwerke,
einige Götterstatuen und viele anderen Dinge. Es gibt Statuen von Göttern
und verschiedenen mythologischen Gestalten, die man wie Bücher lesen
kann, allerdings nicht mit dem Denken, sondern mit den Gefühlen, voraus-
gesetzt, dass diese genügend entwickelt sind.“ 
Er nennt diese wahre Kunst die „objektive Kunst“ im Gegensatz zur
subjektiven Kunst“, bei der es sich vor allem um „mechanische Wieder-
gabe, Nachahmung der Natur oder anderer Menschen handelt, um Phantasie
oder der Sucht nach Originalität“. 
Doch warum haben Schönheit und Kunst so viel mit Mathematik und
Geometrie zu tun?  Weil auch die Natur, ja die ganze Schöpfung, auf Ma-
thematik und Zahlen aufgebaut ist.
Dass dieser Welt ein göttlicher Bauplan zugrundeliegt wurde von den
großen Philosophen und Denkern der Vergangenheit schon immer  ange-
nommen. Doch erst Ende des 20. Jahrhunderts wurde dies von zwei genialen
Denkern, von Peter Plichta („Gottes geheime Formel“, 1995) und Michael
Stelzner („Die Weltformel der Unsterblichkeit“, 1996), endgültig bewiesen. 
Beide haben unabhängig voneinander das Geheimnis der Primzahlen ent-
schlüsselt und die Weltformel, nach der das Universum aufgebaut ist,
entdeckt.
Diese Gesetzmäßigkeiten, nach denen die Natur aufgebaut ist, können wir
auch daran erkennen, dass die Grundbausteine der Schöpfung aus miteinander
verbundenen geometrischen Strukturen bestehen.  Diese geometrischen
Strukturen lassen sich nach der Lehre Platons auf fünf Grundstrukturen redu-
zieren, nämlich auf die fünf „Platonischen Körper“, den Tetraeder, Oktaeder,
Hexaeder, Dodekaeder, und Ikosaeder. 
Während wir heute in der Zeit des tiefsten Materialismus keine Ahnung
mehr von wahrer Kunst und dem Sinn für Ästhetik haben, war das Wissen um
diese tieferen Zusammenhänge in der Antike, aber auch noch zum Teil im
Mittelalter und in der Renaissance weitgehend bekannt, worauf auch Lüscher
hinweist: „Der ästhetischen  Harmonie hat man im antiken Griechenland, im
Mittelalter, in der Renaissance und Neuzeit bis zum Anfang unseres Jahr-
hunderts große Bedeutung beigemessen. Die Ästhetik war in der Architektur,
in der Kleidung, bei den Eßgewohnheiten, im Alltag und in der Kunst ein
wegweisendes Ideal.“
 So gab es auch im Mittelalter und in der Renaissance viele großen Meister
der Kunst, die unvergängliche Kunstwerke schufen.  Ein Beispiel hiefür ist
die berühmte Zeichnung des Menschen von Leonardo de Vinci, die ebenfalls
nach den Proportionen des Goldenen Schnittes aufgebaut ist.
Aber auch große Musiker wie Mozart, Beethoven, Strauß oder Schubert
haben mit ihrer Musik unvergängliche Kunstwerke geschaffen, wobei gerade
die Musik eine Kunst ist, die eine große Wirkung auf uns Menschen ausübt.
Denn wie wir bereits gesehen haben, steht die Musik, die Welt der Töne, in
sehr enger Wechselbeziehung mit der Welt der Formen. Töne haben deshalb
eine schöpferische Kraft.
Die Ägypter wussten noch von dieser geheimnisvollen Macht des Tones
und wie man diesen einsetzt, um Gestalt zu erschaffen und zu formen. Mit
Hilfe dieses Wissens sollen zum Beispiel die ägyptischen Pyramiden und
andere Wunderwerke der antiken Baukunst entstanden sein.  
Auch Pythagoras wusste um die wunderbare Macht des Klanges und der
Musik. Er benutzte diese z.B. zur Heilung von seelischen und körperlichen
Leiden: „Es gibt bestimme Melodien, die als Heilmittel gegen die Leiden-
schaften der Seele und gegen Verzweiflung, Mutlosigkeit und Wehklagen
geschrieben wurden, und die Pythagoras als ein Mittel erfand, das die größte
Hilfe für diese Krankheiten erlaubte. Und er benutzte andere Melodien gegen
Zorn und Groll und andere Verwirrung der Seele. Heutige Forschungen haben
bestätigt, dass Pythagoras recht hatte. Musik übt einen starken Einfluss auf
Bewegungen und Funktionen des Körpers und der Psyche aus. Mehr noch,
wie Anthony Trowbridge aus Südafrika vorschlägt, ist es möglich, dass das
Nervennetz im Gehirn ganz allgemein auf harmonische Prinzipien anspricht.“ 
Worin liegt nun aber der eigentliche, tiefere Grund für die heilende,
belebende und erhebende Wirkung von Schönheit?  Der Grund ist wohl
der, weil uns Schönheit und  wahre Kunst - also eine Kunst, die die Harmonie
und Schönheit des Geistes, der göttlichen Welt, zum Ausdruck bringt -  uns
an die Schönheit und Vollkommenheit unseres eigenen wahren Wesens er-
innert und somit unsere Seele und unseren Geist anspricht, diesen „stärkt“
und „nährt“. Das ist letztendlich auch der Grund, warum wir uns nach einem
wirklich schönen Theaterstück, Konzert oder Film so beschwingt, freudig und
glücklich fühlen. 
Piero Ferrucci, ein langjähriger Mitarbeiter von Dr.Roberto Assagioli, dem
Begründer der Psychosynthese, beschreibt diese erhebende, heilende und
belebende Kraft der Schönheit folgendermaßen: „… Schönheit hat die Kraft,
uns aus der muffigen Welt gewöhnlicher Belange in die höheren Sphären der
Lebenskraft und Harmonie zu entführen. Den größten Dienst, den wir viel-
leicht erweisen können, ist den Menschen zu helfen, sich selbst zu vergessen -
natürlich nicht ihr wahres Selbst, aber den Durchschnittsgeist, mit dem sie
sich identifizieren; den Teil des menschlichen Geistes zu vergessen, der be-
unruhigt und gestört wird durch alle möglichen Vorurteile, kleinliche Nörge-
leien, müssige Tagträume, und so fort.(...) Die Schönheit hat genau diese
Fähigkeit, einen Menschen aus seiner eigenen Sphäre herauszuholen und den
Kontakt mit etwas Universalem herzustellen, das berührt.“
Er beschreibt auch die Gefahren und Folgen, die ein Mangel an Schönheit
und an ästhetischer Empfindsamkeit nach sich ziehen. Dazu zählen „...die
rücksichtslose Zerstörung der Natur, die Ausbreitung von Rohheit, der Ver-
lust von Ehrfurcht, der Triumph der Taktlosigkeit, die Aufblähung der Lan-
geweile, der wuchernde schlechte Geschmack, die Verherrlichung von Lärm
und Oberflächlichkeit.“ 
Warum das so ist, wird leichter verständlich, wenn wir bedenken, dass sich
Schönheit auf vielen Ebenen ausdrückt. So gibt es nicht nur die „äußere“
Schönheit, die in der körperlichen Form zum Ausdruck kommt, sondern es
gibt auch eine sogenannte „innere Schönheit“, die sich zum Beispiel in einem
„edlen Charakter“ zeigt, in Taktgefühl und Feingefühl, in anmutigen Bewe-
gungen, in einer wohlklingenden Stimme oder ganz allgemein in einem
sanften, friedfertigen und harmonischen Wesen.
Schönheit und Harmonie sind außerdem untrennbar mit Liebe
verbunden. Warum? Weil Schönheit und Liebe auf Harmonie gründen und
Harmonie wiederum weckt Liebe und führt zu Schönheit. Deshalb sind diese
drei großen der Venus zugeordneten Kräfte im Grunde genommen ein- und
dasselbe. Ein Mangel an Schönheit bewirkt deshalb gleichzeitig einen Mangel
an Liebe und führt deshalb zu innerer und äußerer Disharmonie, zu Zer-
störung,  Krankheit und Leid.
So gesehen ist eine schöne, harmonische Umwelt nicht nur wünschenswert,
sondern sogar unbedingt notwendig für die Entwicklung bzw. Aufrechterhal-
tung unserer seelischen und geistigen Gesundheit. Denn „es scheint ein in-
nerer Drang nach der Aufrechterhaltung einer intellektuellen, ästhetischen
Ordnung und eines harmonischen Gleichgewichts in uns zu bestehen, der von
fundamentaler Wichtigkeit für unsere geistige Gesundheit ist.“
 Deshalb sollten wir bewusst danach trachten, negative Eindrücke und
Einflüsse zu vermeiden und uns stattdessen „dem heilenden Einfluss schöner
Schauspiele, Anblicke und Klänge zuwenden.“ Auch der Aufenthalt in der
Natur hat solch einen aufbauenden und heilsamen Einfluss auf unsere Psyche.
Denn die Natur mit ihrer unvergleichlichen Schönheit und Harmonie ist das
größte und vollkommenste Kunstwerk überhaupt, das es gibt, denn in ihr
spiegelt sich die Weisheit, Güte und Vollkommenheit Gottes wider.
Quelle: Elisa, “Im Reich der Venus - das Prinzip der Liebe, Schönheit
und Harmonie”, 2010, Novum-Verlag, S.42ff.
 
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Der Goldene Schnitt