Für Peter Michael Lingens beweist Schelling aufgrund dieses Stand-
punktes entweder volkswirtschaftliche Unkenntnis - oder extemen
Zynismus.
Denn: “ ... für Leute, die es, wie er (= Schelling), mit ihrem Betrieb zum
Millionär gebracht haben, ist es zweifellos von Vorteil, wenn es "keine
Vermögenssteuern, keine Erbschaftssteuer und auch keine Wertschöpf-
ungsabgabe" gibt. Die Frage ist nur, ob das auch für eine Volkswirt-
schaft und die Mehrheit der Bevölkerung zutrifft – auch wenn es in
Österreich mit 135 Millionären auf tausend Einwohner die größte
Millionärsdichte der Welt gibt?
Es geht ausschließlich um die Frage, wie die Steuerlast verteilt wird
Kein mit Volkswirtschaft Befasster wird derzeit die Ansicht vertreten,
Österreich möge die Steuerlast, die derzeit auf seiner Bevölkerung –
egal ob Unternehmern oder Rentnern - ruht, insgesamt erhöhen. Denn
sie ist schon relativ hoch – obwohl das, wie Schweden vorführt,
keineswegs ein Nachteil sein muss.
Dennoch tritt selbst Christian Kern derzeit für eine Senkung der
Steuerquote ein. Es geht also keineswegs darum, dass die SPÖ die
Steuerlast erhöhen wollte, wie die ÖVP und Schelling das suggerieren,
sondern es geht ausschließlich um die Frage, wie sie verteilt wird: Ob
die Millionäre davon wirklich immer weniger tragen sollen, während
die breite Bevölkerung immer mehr davon trägt.
Der Vorschlag von Kern lautet, die Vermögenssteuern in dem
Ausmaß anzuheben, in dem die Lohnsteuern bzw. Abgaben von
allen wenig Verdienenden ermäßigt werden.
Das ist unternehmerfreundlich, denn es vermindert die Lohnkosten,
weil die Lohnsteuern ja letztlich von den Unternehmen aufgebracht
werden müssen.
Und es ist konsumentenfreundlich, weil vor allem die wenig Verdie-
nenden das Geld, das ihnen mehr in der Tasche bleibt, sofort für Ein-
käufe ausgeben, was derzeit besonders wichtig ist, weil die Wirtschafts-
krise auf einem Mangel an Nachfrage beruht.
Dass Schelling das teilweise begriffen hat, zeigt sein Vorschlag, wenig-
stens die wahnwitzige kalte Progression, die die Massen zusätzlich
geschröpft hat, automatisch zu kompensieren.
Es ist anzunehmen, dass die SPÖ sich dem anschließt, denn es verbes-
sert die Situation. Aber ungleich mehr verbesserte es sie, die Lohn-
steuern grundsätzlich zu senken, indem man die vermögensbezogenen
Steuern erhöht.
Schelling beweist leider beängstigende volkswirtschaftliche Unkenntnis
– oder extremen Zynismus - indem er genau das ausschließt. Denn es
gibt keinen Steuer-Experten, der nicht weiß, dass insbesondere
Erbschafts- und Schenkungssteuern die Wirtschaft mit Abstand
weniger als alle anderen Steuern, voran Lohnsteuern, belasten.
Ich wiederhole mich: Die Wirtschaft leidet nullkommanull darunter,
dass die Erben der Herren Dichand, Wlaschek, Piech, Flick oder Schel-
ling etwa so viel Erbschaftssteuer wie in der Schweiz, den Niederlanden
oder fast jedem anderen Land der Welt bezahlen. Und die Erben können
ausschließlich in die Slowakei, nach Tschechien, Estland oder Mexiko
auswandern, wenn sie noch etwas weniger bezahlen wollen.
Es gibt kein vernünftiges wirtschaftliches Argument, den Tausch
erhöhter Vermögens- gegen ermäßigte Lohnsteuern abzulehnen.
P.S. Auf ein von der ÖVP besonders gern gestreutes Argument möchte ich
kurz eingehen, weil es mir aus Leserzuschriften besonders häufig entgegen-
schlägt: Wieso soll Geld, das sowieso schon einkommensversteuert wurde,
beim Erben noch einmal versteuert werden? Antwort: Wenn jemand mit
seinem sauer verdienten, einkommensversteuerten Geld eine Ware ein-
kauft, zahlt er "noch einmal" 20 Prozent Mehrwertsteuer und im Preis sind
außerdem die vom erzeugenden und verkaufenden Unternehmen bezahlten
Steuern enthalten – wenn er es von seinen Eltern erbt oder geschenkt be-
kommt, bleibt es in Österreich in noch so großer Höhe steuerfrei.
Idealerweise kauft der Millionen-Erbe damit Aktien und bleibt weiterhin
steuerlich relativ ungeschoren – denn von allen anderen Waren hat er ja im
Allgemeinen zur Genüge. Es ist das einer der vielen Wege, die Ungleich-
heit zu erhöhen, ohne dass es das Geringste mit "Leistung" zu tun hätte.
von Peter Michael Lingens, 17.1.2017
Quelle und gesamter Artikel: http://www.profil.at/meinung/peter-michael-lingens-
mein-gott-schelling-steuern-7944440