Satanismus als Philosophie und Religion
Die Anfänge des Satanismus werden im manichäisch-gnostischen Dualismus
gesehen, der eine prinzipielle „Gleichrangigkeit von Gott und Teufel“ annahm.
Einige gnostische Gruppierungen sollen Satan angebetet haben, damit er ihnen nicht
schade.
Eine erste Erscheinung des Satanismus ist ansatzweise der Hellfire Club im
England des 18. Jahrhunderts.
Satanistische Tendenzen finden sich „[u]nbestreitbar […] im Okkultismus des 19.
Jahrhunderts, offenbar als Reaktion auf den als banal empfundenen, fortschritts-
gläubigen Materialismus dieser Epoche, der die orthodoxe Gläubigkeit weitgehend
ablehnte, aber dennoch ‚dunkle Mysterien‘ verlangte“.
Frankreich, das mit Individuen wie Éliphas Lévi eine Pionierrolle für den Okkultis-
mus hatte, wird als „Brutstätte des modernen Satanismus“ angesehen und der Dichter
Baudelaire als wichtige Figur dieses modernen Satanismus und „vielleicht […] erste
voll bewußte Persönlichkeit in der Geschichte des Satanskultes“ bezeichnet, wobei
die Bezeichnung als „moderner Satanismus“ hier noch eine andere Bedeutung hat als
bei LaVeys späterer Auslegung.
Im 20. Jahrhundert gründeten sich zahlreiche weitere Vereinigungen. Der
britische Magier Aleister Crowley wird oftmals als Satanist eingestuft, war allerdings
ein wichtiger Vorreiter des modernen Satanismus. Die Verbindung von Satanismus
und der auf Crowley zurückgehenden neureligiösen Bewegung Thelema wurde
durch den britischen Schriftsteller Dennis Wheatley geprägt.
Ab 1885 veröffentlichte der Franzose Léo Taxil die Verschwörungstheorie, die
Freimaurer wären in Wahrheit Satanisten. In ihren Logenhäusern würden sie
regelmäßig sexualmagische Orgien und Schwarze Messen zelebrieren, ihr oberster
Chef erhalte seine Anweisungen von Luzifer persönlich. Diese und andere wüste
Behauptungen verbreitete er in mehreren Büchern und in der Broschürenserie Le
Diable au XIXe siècle („Der Teufel im 19. Jahrhundert“), von der 240 Titel er-
schienen (laut Wikipedia gestand 1897 Taxil angeblich öffentlich ein, dass er sich das Alles
nur ausgedacht hatte). .
Anton Szandor LaVey gründete 1966 die Church of Satan und machte Satanismus
als Erster öffentlich zu einem eigenständigen achristlichen Religionssystem. Seine
Satanische Bibel (1968) wurde inhaltlich in großen Teilen bereits von Crowley und
dem sozialdarwinistischen Buch Might is Right (1896), dessen unbekannter Autor
unter dem Pseudonym Ragnar Redbeard firmiert, vorweggenommen.
Satan „ist hier nicht der mittelalterliche Gottseibeiuns mit der Mistgabel, sondern das
Prinzip ‚Lust‘ und ‚unbedingte Freiheit‘ – das auf links gedrehte ‚peace, love and
happiness‘ von LaVeys Hippie-Nachbarn im San Francisco der sechziger Jahre“.
Stattdessen vertritt diese Kirche eine atheistische Philosophie und bestreitet
angeblich die „Wirklichkeit einer jeglichen spirituellen Existenz“; die von ihr
aufgegriffenen Aspekte der Ritualmagie werden hauptsächlich als „selbstver-
änderndes Psychodrama […], um sich von aufgestauten Gefühlen zu befreien“ und
„fast ein Ersatz für Psychotherapie“ erklärt, das keine Glaubenselemente enthalte.
Allerdings haben sich ehemalige Sektenmitglieder sehr wohl an rituellen Mißbrauch
und andere Gräueltaten innerhalb der Sekte erinnert (siehe weiter unten).
Von der Church of Satan spaltete sich 1975 nach internen Streitigkeit der Temple of
Set ab, der von traditionellen Satanisten ebenfalls nicht anerkannt wird.
In den 1970er Jahren soll der Order of Nine Angles (ONA) gegründet worden sein.
Dieser bezeichnete sich als erste Gruppierung in seinen Schriften als Vertreter eines
traditionellen Satanismus.
In den 1980er und 1990er Jahren war in den Vereinigten Staaten die Annahme
verbreitet, Kinder würden in großer Zahl von Mitgliedern satanistischer Sekten
rituell missbraucht. Auslöser war 1980 der Bestseller Michelle Remembers, in dem
die Autorin angab, mittels Hypnotherapie Erinnerungen an Vergewaltigungen und
Folterungen zurückerlangt zu haben, die sie seit ihrem fünften Lebensjahr von
Mitgliedern der Church of Satan erlitten habe.
1987 schockierte ein Prozess die amerikanische Öffentlichkeit, in dem es um
einen Satanistenring von 100 Lehrern und Erziehern ging, die insgesamt 360
Kinder der McMartin Preschool in Manhattan Beach, Kalifornien, missbraucht
haben sollten. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre wurden immer mehr Fälle
ritueller Gewalt an Einrichtungen der Kinderbetreuung aktenkundig: Lehrer,
Sozialarbeiter, Therapeuten und Polizisten, die in Fortbildungsseminaren über
rituelle Gewalt geschult worden waren, entdeckten mittels suggestiver Befragungs-
methoden immer neue Fälle.
Es entstand eine anti-satanistische „Moral Panic“, eine Massenhysterie, vergleichbar
dem Hexenglauben des europäischen Mittelalters. Die Annahme, es gäbe ein großes
Netzwerk satanistischer Gruppen, die rituelle Gewalt an Kindern ausüben und
jährlich bis zu 60.000 Menschen töten würden, wurde von einer breiten Koalition
von fundamentalistischen Christen, Feministinnen, Ärzten, Polizisten und
Sozialarbeitern getragen. Nachdem die Angeklagten im McMartin-Prozess freige-
sprochen worden waren und der Wahrheitsgehalt von Michelle Remembers in
Zweifel gezogen worden war, ging der Glaube an massenhaften satanistischen
Kindesmissbrauch Mitte der 1990er Jahre wieder zurück.
Quelle: Wikipedia, die freie Enzyklopädie
dort gibt es weitere Quellenangaben