Ein Grund für die Entscheidung nach Lesotho zu gehen war Harrys Liebe zu
Afrika. Diese wurde zum ersten Mal geweckt, als ihn sein Vater, Prinz Charles,
kurz nach Dianas Tod zu einem offiziellen Besuch nach Südafrika mitnahm, um
seinen jüngeren Sohn von der Trauer abzulenken.
Prinz Harrys Biographien Katie Nicholl schreibt dazu: „Es war eine erlebnisreiche
Reise, auf der Harry Nelson Mandela und die Spice Girls traf, auf seine erste Safari
ging, Stammesälteste traf und – für Harry das Spannendste – durch einen lebendi-
gen, unvergesslichen Bericht ihres Reiseführers David Rattray etwas über den
Anglo-Zulu-Krieg von 1879 erfuhren. (…) Die Reise war für Harry der erste von
vielen inspirierenden Besuchen des afrikanischen Kontinents, und seine Liebe zu
den Ländern und Menschen geht auf diese schmerzliche Zeit zurück.“ (S.42*)
Aufgrund dieser Erfahrungen wollte Harry wieder nach Afrika – und vor allem
wollte er wie seine verstorbene Mutter sich für wohltätige Projekte einsetzen und
mit Kindern arbeiten.
So kam es, dass Prinz Harry 2006 nach Lesotho ging, wo es damals eine sehr
große Anzahl von Waisenkindern gab, deren Eltern an AIDS gestorben waren.
Harry bekam eine Privataudienz bei Lesothos Prinzen Seeiso – und die beiden
verstanden sich sofort.
Katie Nicholl schreibt dazu: „Prinz Seeiso war die ersten paar Wochen Harrys
Gastgeber und öffnete dem britischen Prinzen die Augen für wirkliche Not und
Leiden. „Wir haben ihm alle Aspekte des Lebens in Lesotho gezeigt“, so Prinz
Seeiso damals. „Er hat Menschen an Aids sterben sehen, die schwere Symptome
wie Blasenbildungen und offene Wunden hatten und die nur noch wenige Tage zu
leben hatten. Harry war sehr betroffen. Ich glaube, das hat ihm das Problem
deutlich gemacht. Er scheint wirklich daran interessiert zu sein, während seines
Aufenthalts zu helfen.“
Ein Besuch in einer Bergregion mit Prinz Seeiso, wo er eine Gruppe von kleinen
Jungen traf, beeindruckte Harry tief. Im Land wurden 15.000 Jungen im Schulalter
– zum Teil erst fünf – in Bergregionen geschickt, um Schafe und Vieh zu hüten
und so ihre Famlilien zu unterstützen. Sie verbrachten Monate oder sogar Jahre
unter rauen Bedingungen und bei unerträglich kalten Temperaturen, genossen
keine Schulbildung und bekamen einen Hungerlohn. Sie lebten in einer rein
männlichen Gesellschaft, getrennt von der Familie, die sie vielleicht hatten, und
gezwungen, selbst auf sich achtzugeben.
Einige dieser Jungen waren ungefähr so alt wie Harry, und als er sah, wie sie leb-
ten, die grundlegenden Überlebensstragien, die ihr tägliches Leben beherrschten,
ihre offene Freundlichkeit und ihren Optimismus, wusste er, dass er viel von ihnen
lernen konnte und ihnen und diesem Ort viel zurückgeben könnte.
Und tatsächlich war das der Fall. Harry arbeitete freiwillig in Mants’ase Kinder-
heim in Mohale’s Hoek an der Grenze zu Südafrika. Nach seiner Ankunft gewöhn-
te er sich schnell daran, in der brütenden Hitze Afrikas zu leben. Er ließ sich beim
örtlichen Friseur den Kopf rasieren, um tagsüber weniger zu schwitzen und machte
sich daran, für das Waisenhaus Zäune zu bauen und Bäume zu pflanzen, die den
Kindern, deren Eltern an Aids gestorben waren, Schatten spenden sollten.
Es war harte körperliche Arbeit, aber es blieb auch Zeit für Vergnügen, und wann
immer Harry Freizeit hatte, versammelte er die Kinder zu einem spontanen Rugby-
Football-Spiel mit den Bällen, die er aus London mitgebracht hatte. Die Kinder
liefen schreiend und rufend herum, wirbelten roten Staub auf und gaben ihr
Bestes, um Harrys Anweisungen zu befolgen. Wie seine Mutter liebte Harry
Kinder und fürchtete sich nicht davor, mit HIV-infizierten Kindern zusammen zu
sein. Und ebenfalls wie seine Mutter wollte er mit anpacken und helfen, abseits
vom Scheinwerferlicht der Kameras.“ (S.54*)
Doch das war nicht alles. Prinz Harry wollte auch etwas tun, um die internationale
Aufmerksamkeit an den Problemen in Lesotho zu steigern. So wurde eine halb-
stündige Dokumentation über Harrys Arbeit im Waisenhaus gedreht. Dabei sprach
er erstmals vor der Kamera auch über seinen Wunsch, die humanitären Projekte
seiner Mutter fortzuführen.
Tatsächlich brachte die Dokumentation ungefähr zwei Millionen Dollar für den
Lesotho-Fonds des Roten Kreuzes ein. Darüber hinaus hatte der Film die Aufmerk-
samkeit von Farmern in Südafrika erregt, die von der Notlage ihrer Nachbarn
nichts gewusst hatten und Lieferungen mit dringend benötigten Materialien zu den
Waisenhäusern des Landes organisierten.
Im April 2006 gründete Harry zusammen mit Prinz Seeiso von Lesotho eine
Wohltätigkeitsstiftung, welche sich um HIV-/AIDS-Waisen kümmert. Die Stiftung
wurde „Sentebale“ getauft, was so viel wie „Vergiss mich nicht“ bedeutet. Der
Name bezieht sich auf seine verstorbene Mutter Prinzessin Diana. Er will das En-
gagement seiner Mutter für Aids-Waisen fortführen und sich generell stark für
wohltätige Zwecke einsetzen.
Das Königreich Lesotho ist
eine parlamentarische Monar-
chie im südlichen Afrika.
Lesotho ist eine Enklave in der
Republik Südafrika, gehörte
aber nie politisch zu diesem
weitaus wohlhabenderen Staat.
Die Hauptstadt ist Maseru.
Lesotho bedeutet „Land der
Sotho-sprechenden Menschen“,
wobei hier Sesotho gemeint ist.
Aufgrund seiner besonderen
Höhenlage wird das Land auch
The Kingdom in the Sky („Das
Königreich im Himmel“)
genannt. Im Index der men-
schlichen Entwicklung von
2016 steht Lesotho auf dem
160. von 188 Plätzen.