Barara Prammer schreibt über diese Zeit:
Ich empfand es zu keiner Zeit als bedrückend, wenn es daheim finanziell knapp
war. Zumal sich unsere Eltern bemühten, dank Verzicht auf die Erfüllung eigener
Bedürfnisse und mit viel Kreativität immer wieder eine Lösung zu finden.
Ein Beispiel: Weil meine Cousine Isolde Klavier lernte, durfte ich ebenfalls
Stunden nehmen. Bedingung war, dass ich fleißig übte. So ging ich jeden Tag zu
meiner „Lieblingstante“ Martha und spielte eine halbe oder dreiviertel Stunde. Das
verlangte  Disziplin und wurde irgendwann beschwerlich, neben der Schule. Da
trieb mein Onkel Franz eines Tages einen alten Stutzflügel auf, der 1500 Schilling
kostete. Das war für meine Eltern viel Geld, aber gerade noch im Rahmen des
Möglichen. Auf diesem Flügel spielte ich einige Jahre, bis er endgültig kaputt ging
und nicht mehr zu reparieren war. Was tun? Da nahmen meine Eltern die Erspar-
nisse, die sie für eine neue Wohnzimmereinrichtung zur Seite gelegt hatten, und
kauften ein neues Klavier. Ich spiele noch heute, zur Entspannung nach einem
anstrengenden Tag für mich ganz alleine. Vor allem ist damals meine Liebe zur
Musik, im Besonderen zur Oper geweckt worden.
Es ist, denke ich, heutzutage fast nicht mehr vorstellbar, dass Eltern auf derart viel
verzichten, um ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Die Situation
war immer angespannt: ein Alleinverdiener, vier Kinder und Kreiskys Bildungs-
offensive noch in weiter Ferne. Gratisschulbücher bekam ich zum ersten und
einzigen Mal in meinem letzten Schuljahr, in der 5. Klasse Handelsakademie. Ich
erinnere mich noch genau daran, war es doch für mich ein besonderer Moment,
neue Bücher in den Händen zu halten. Zum ersten Mal war auch kein Schulgeld
mehr zu zahlen. Immerhin die Schulfahrt – erst zur Hauptschule in Attnang-
Puchheim, dann zur Handelsakademie in Vöcklabruck – war für uns kostenlos, da
Vater jetzt ja bei der ÖBB arbeitete.”
Quelle:  Barbara Prammer, “Wer das Ziel nicht kennt, wird den
               Weg nicht finden”, 2011 Styria premium, S.25ff.