Barbara Prammer war schließlich bis zur stellvertretenden Gemeindeamtsleiterin
aufgestiegen, war zweite Standesbeamtin und hatte eine Reihe weiterer Aufgaben.
Sie schreibt in ihrer Autobiographie:
„Auch im Beruf legte ich mich ins Zeug, alleine schon um zu beweisen, dass ich
diese Chance verdient hatte. Und auch, um mir selbst zu beweisen, dass ich es
kann. Es entspricht meinem Naturell, mich den mir gestellten Aufgaben mit ganzer
Kraft und ERntshaftigkeit zu widmen. Pflichtbewusstsein ist ebenfalls etwas, das
ich von zuhause mit bekommen habe.
Ich absolviertge als junge Gemeindebedienstete Kurse, legte alle erforderlichen
Dienstprüfungen ab, auch die zur Standesbeamtin. Trotzdem stand ich alsbald an,
stieß an jene Barriere, die später „gläserne Decke“ genannt werden sollte.
Unsere Gemeinde leitete den neu gegründeten Abwasserverband de Region und
ich hatte alle administrativen Arbeiten zu versehen. Daneben war ich
stellvertretende Gemeindeamtsleiterin, zweit Standesbeamtin und hatte eine Reihe
weiterer Aufgaben. Die Gemeindeaufsichtsbehörde schlug daher dem
Bürgermeister vor, eine neue Planstelle zu schaffen, um mir auch offiziell die
Agenden zu übertragen. Es kam äußerst selten vor, dass „von oben“ darauf
aufmerksam gemacht wurde. Aufgrund dieser organisatorischen Maßnahme wären
einige Aufgabengebiete zu mir gewandert, für die auf dem Papier ein Kollege
zuständig war. Dieser wollte liebe eine Schreibkraft und lobbyierte intensiv für
seine Interessen. Schließlich musste der damals rein männlich besetzte
Gemeinderat über die Planstelle abstimmen – er entschied sich mehrheitlich
dagegen und somit auch gegen mich. Da nützte auch die starke Stimme des
damaligen Bürgermeisters, Josef Redlinger, der auf meiner Seite stand, nichts. Ich
führte bei dieser Sitzung Protokoll und durfte das Ergebnis der Abstimmung auch
noch festhalten.
Mir war es anfangs gar nicht so bewusst, dass ich soeben ein typisches Frauenlos
erfahren hatte. Ich empfand diese Entscheidung gegen mich als ungerecht und
demütigend. Schließlich wurde mir per Gemeinderatsbeschluss unmissverständlich
signalisiert: Aufstiegschancen hast du hier nicht. Damit war für mich klar, dass ich
so nicht weitermachen wollte. Obwohl ich zu der Zeit begann, frauenpolitisch
aktiv zu werden, konnte ich dieses Ereignis erst später als klassischen
Diskriminierungsfall identifizieren. Ich fürchte, dass – so wie ich damals – bis
heute viele Frauen ihre Benachteiligungen, die sie erleben, nicht richtig einordnen
können. Sie zu informieren, ihnen den Rücken zu stärken, sie nicht alleine zu
lassen, das habe ich aus der damaligen persönlichen Erfahrung mitgenommen.“