Die Einsicht, dass Akzeptanz und Anerkennung, die wir bei anderen finden, der
tiefste Grund aller Motivation ist, ergab sich erst in den letzten fünf bis zehn
Jahren und ist das Ergebnis einer Serie von teilweise überaus aufwendigen
Untersuchungen. Entdeckt wurde dabei: Die Motivationssysteme schalten ab,
wenn keine Chance auf soziale Zuwendung besteht, und sie springen an, wenn
das Gegenteil der Fall ist, wenn also Anerkennung oder Liebe im Spiel ist.
Unabhängig von neurobiologischen Studien ist aus Verhaltensbeobachtungen
und psychologischen Untersuchungen seit längerem bekannt, dass soziale
Isolation oder Ausgrenzung, wenn sie über lange Zeit anhält, zu Apathie und
zum Zusammenbruch jeglicher Motivation führt. Erst durch die Motivations-
forschung aber gelang der Nachweis, dass dieser Prozess von einer neuro-
biologischen Reaktion begleitet wird: Über längere Zeit vorenthaltener sozialer
Kontakt hat den biologischen Kollaps der Motivationssysteme des Gehirns zur
Folge.
Dies zeigte zum Beispiel eine französisch-amerikanische Arbeitsgruppe um
Michel Barrot anhand von Versuchen, die sich aus ethischen Gründen natür-
lich nur mit nichtmenschlichen Säugetieren durchführen lassen. Einem Indi-
viduum gegen seinen Willen aufgezwungene soziale Isolierung bringt das
Kernstück des Motivationssystems, nämlich die beschriebene „Dopamin-
Achse“,  zum Erliegen. Wie Barrot und sein Team nachwiesen, führt länger
andauernde Isolation dazu, dass dabei in der vorderen Komponente, also im
„Kopfteil“ der Motivationsachse, auch Gene abgeschaltet werden.“
Quelle: Joachim Bauer, “Prinzip Menschlichkeit - Warum wir von Natur aus
             Kooperieren”, 6.Auflage 2013, Wilhelm Heyne Verlag, S 37ff.