Experten vermuten schon seit geraumer Zeit, dass die Terrormiliz Islamischer
Staat (IS) an der Produktion von Chemiewaffen arbeitet.
Nun bestätigte eine Untersuchungskommission des irakischen Parlaments diesen
Verdacht. Die Terroristen sollen dazu Wissenschaftler des gestürzten Saddam-
Hussein-Regimes, aber auch aus Syrien und Jordanien verpflichtet haben.
"Der IS arbeitet sehr ernsthaft daran, chemische Kampfstoffe produzieren zu
können", sagte Hakim al-Zamili, der Vorsitzende der Kommission für Sicherheit
und Verteidigung des irakischen Parlaments. "Das würde nicht nur den Irak,
sondern die ganze Welt gefährden."Nicht umsonst hat der französische Premier-
minister, Manuel Valls, nach den Paris-Attentaten vor der Nationalversammlung
eine Warnung ausgesprochen. "Wir wissen, dass es auch das Risiko von chemi-
schen und biologischen Waffen gibt."
Valls nannte zwar kein konkretes Bedrohungsszenario, aber seine Bemerkung
deutet darauf hin, dass der französische Geheimdienst offenbar Erkenntnisse über
die Chemiewaffen-Entwicklungsabteilung des IS hat. Das glaubt auch Hamish de
Bretton Gordon, ehemaliger Oberst und Leiter des britischen Regiments für
chemische, biologische, radiologische und nukleare Waffen (CBRN). "Die Aus-
sage des Premierministers ist sehr ernst zu nehmen", sagt der Waffenspezialist, der
mehrfach in Syrien war, um vermutete Chemiewaffen-Angriffe zu untersuchen. Er
wurde auch von der indonesischen Regierung zurate gezogen, als eine vom IS
platzierte Chlorgasbombe in einem Supermarkt in Jakarta gefunden worden war.
Der Einsatz von Chlorgas wurde in Syrien bereits mehrfach nachgewiesen. Sowohl
Truppen des Regimes von Präsident Baschar al-Assad als auch des IS sollen diesen
Stoff benutzt haben, der in so vielen alltäglichen Bereichen des Lebens verwendet
wird. "Chlorgas ist lange nicht so gefährlich wie Sarin oder VX", erklärt Bretton
Gordon. "Aber 50 Kilogramm würden in einem geschlossenen Raum ausreichen,
um Menschen zu töten." Chlorgas ist nicht verboten und in Europa leicht erhält-
lich. Der IS könnte es in der U-Bahn, in einer Behörde oder im Supermarkt
einsetzen.
Wie viel Senfgas hat der IS noch?
Aber die Befürchtungen der Behörden gehen noch viel weiter. Anfang November
war die Organisation zum Verbot chemischer Waffen (OPCW) nach einer
Untersuchung zu dem Schluss gekommen, dass in der syrischen Stadt Marea
Senfgas eingesetzt worden sei. Am 21. August war dort nach einem Mörser-
einschlag ein Kleinkind ums Leben gekommen, vier Familienmitglieder wurden
verletzt. Sie hatten Atemschwierigkeiten und Blasen auf der Haut, wie das behan-
delnde medizinische Personal von Ärzte ohne Grenzen (MSF) damals feststellte.
Das sind typische Symptome, die Senfgas bei Opfern auslöst. Laut Zeugenaus-
sagen soll die Mörsergranate aus einem Nachbarort abgeschossen worden sein, der
unter der Kontrolle des IS stand. "Ich denke, die Mörsergranate stammte aus den
Beständen des Assad-Regimes", sagt Bretton Gordon.
Quelle und gesamter Artikel: http://www.welt.de/politik/ausland/article149095586/Europa-
muss-mit-Senfgas-Angriffen-durch-IS-rechnen.html