“In der Ukraine kann jeder Unternehmer, selbst ein Oligarch, Bürgermeister,
Gouverneur oder Minister hinter Gitter kommen. Binnen eines Monats, einer
Woche oder eines Tages - das hängt vom jeweiligen Staatsanwalt ab.
Im gesamten postsowjetischen Raum spielen die Staatsanwaltschaften eine ganz
eigene Rolle. Sie werden gern zur Lösung der verschiedenartigsten Probleme
ihrer Auftraggeber benutzt - ob es sich nun um Politiker oder Geschäftsleute
handelt. Jeder lästige Konkurrent kann mit ihrer Hilfe aus dem Weg geräumt
werden.
Bei Abgeordneten ist das schwieriger. Sie genießen Immunität. Wenn einer aus
ihrer Mitte gesiebte Luft atmen soll, dann ist das für die Staatsanwaltschaft nur
unter Schwierigkeiten zu bewerkstelligen.
Zunächst muss beim Parlament der Antrag gestellt werden, einen Abgeordneten
strafrechtlich verfolgen zu dürfen. Es ist zu beweisen, dass er eine Gefahr für die
Allgemeinheit darstellt. Aber selbst das reicht unter Umständen nicht aus.
Abgeordnete neigen dazu, sich gegenseitig zu decken. Da jedem Derartiges
passieren kann, lehnen sie den Antrag des Staatsanwaltes ab, und der
Betreffende bleibt in Freiheit. Solche Fälle hat es in den Parlamenten der
verschiedenen post-sowjetischen Staaten immer wieder gegeben.”