Entdecker des Ebola-Virus befürchtet »Tragödie
unvorstellbaren Ausmaßes«
»1976 entdeckte ich das Ebola-Virus – heute befürchte ich eine unvorstellbare
Tragödie.« Prof. Peter Piot forschte an einen Labor in Antwerpen, als ihm ein
Pilot die Blutprobe einer belgischen Nonne überbrachte, die in Zaire an einer
mysteriösen Krankheit litt. Heute ist Piot Direktor der London School of Hygiene
and Tropical Medicine und erklärt: »Etwa im Juni wurde mir klar, dass dieser
Ausbruch anders als die früheren ist. Und ich begann, mir ernsthaft Sorgen zu
machen.«
Hier der Auszug eines Inteviews mit Prof.Peter Piot aus einem Artikel von
Rafaela von Bredow und Veronika Hackenbrock, der am 4. Oktober 2014
in der englischen Wochenzeitung The Observer erschien:
Man verfügt heute über eine erprobte Methode, Ebola-Ausbrüche
einzudämmen: Die Isolierung der Infizierten und die engmaschige
Überwachung derjenigen, die mit den Infizierten in Kontakt gekommen
sind. Wie konnte es trotzdem zu einer Katastrophe wie der gegenwärtigen
kommen?
Piot: Meiner Ansicht nach handelt es sich hier um ein Phänomen, das einige
als den »perfekten Sturm« bezeichnen: eine Situation, in der alle einzelnen
Umstände und Faktoren etwas schlimmer ausfallen als gewöhnlich und sie
dann zusammengenommen eine Katastrophe auslösen. Und bei diesem
Ausbruch gab es viele Faktoren, die sich von Anfang an verschärfend
auswirkten.
Einige der betroffenen Länder hatten gerade schreckliche Bürgerkriege hinter
sich gelassen, und viele Mitarbeiter ihres medizinischen Personals waren aus
dem Land geflohen. Die Gesundheitssysteme waren praktisch
zusammengebrochen. Allein in Liberia arbeiteten 2010 gerade einmal 51
Ärzte, von denen viele in der Zwischenzeit an Ebola gestorben sind.
 
Die Tatsache, dass dieser Ebola-Ausbruch in der dicht bevölkerten
Grenzregion zwischen Guinea, Sierra Leone und Liberia begann…
Piot: … hat die katastrophale Lage noch verschärft. Denn die Menschen dort
sind außerordentlich mobil, und daher war es sehr viel schwieriger als
gewöhnlich, diejenigen zu ermitteln, die in Kontakt mit den infizierten
Patienten gekommen waren. Hinzu kommt, dass die Toten in dieser Region
traditionell in den Städten und Dörfern begraben werden, in denen sie
geboren wurden.
Das bedeutete, dass hochansteckende Ebola-Leichen hin und her in offenen
Lastwagen oder sogar Taxis über die Grenze transportiert wurden. Das hatte
zur Folge, dass die Epidemie immer wieder an verschiedenen Orten ausbrach.
 
Zum ersten Mal in der Geschichte hat das Virus auch Großstädte wie
Monrovia und Freetown erreicht. Ist das der schlimmste denkbare Fall?
Piot: In großen Ballungszentren – und insbesondere in chaotischen Slums –
ist es, wie sehr man sich auch bemüht, praktisch unmöglich, alle diejenigen
zu ermitteln, die mit den Patienten Kontakt hatten. Und genau aus diesem
Grund macht mir auch Nigeria so große Sorgen. In diesem Land gibt es
einige Megastädte wie Lagos und Port Harcourt, und wenn sich das Ebola-
Virus dort festsetzt und sich dann auszubreiten beginnt, bedeutete dies eine
unvorstellbare Katastrophe.
Das Virus mutiert ständig. Je mehr Menschen infiziert werden, desto
größer ist die Gefahr, dass Mutationen auftreten…
Piot: … die dann möglicherweise seine Verbreitung noch beschleunigen.
Genau das ist das apokalyptische Szenario. Menschen sind eigentlich eher
zufällig Wirtsträger des Virus, und noch nicht einmal gute. Aus der
Perspektive eines Virus ist es keineswegs erstrebenswert, dass der
Wirtskörper, in dem sich das tödliche Virus ja eigentlich vervielfachen will,
so rasch stirbt. Es wäre sehr viel vorteilhafter für das Virus, wenn wir länger
am Leben blieben.
 
Könnte sich das Virus plötzlich selbst so verändern, dass es auch über
die Luft verbreitet werden kann?
Piot: Etwa wie Masern? Glücklicherweise ist das extrem unwahrscheinlich.
Aber eine Mutation, die es den Ebola-Patienten ermöglichen würde, einige
Wochen länger zu leben, liegt durchaus im Bereich des Möglichen und dies
wäre für das Virus ein großer Vorteil. Zugleich aber könnten Ebola-Patienten
dann sehr viel mehr Menschen infizieren, als es gegenwärtig der Fall ist.
Quelle und gesamter Artikel siehe: 
http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/enthuellungen/redaktion/entdecker-des-ebola-virus-
befuerchtet-tragoedie-unvorstellbaren-ausmasses-.html