Alawiten (þعلويونý / Alawîyûn, auch Nusairier, arabisch þنصيريونý, DMG
Nuairiyûn) sind Teil der nahöstlichen, schiitischen Gemeinschaft und der letzte Überrest der
irakischen Ghulû. Die Alawiten leben hauptsächlich in Syrien, der Türkei und im Libanon.
Verwechslungsgefahr besteht aufgrund der phonetischen Ähnlichkeit mit den Aleviten in der
Türkei oder auch den Alawiden in Marokko.
Alawiten berufen sich auf ihren Ahnherren Muhammad ibn Nusair an-Namiri al-Fahri
(gestorben um ca. 864), der als erster Scheikh der Nusairier gilt. Um den Ruch des
Sektiererischen ihrer Vorfahren abzulegen und um sich selbst als Teil der großen schiitischen
Gemeinde zu präsentieren, nennen sich die Nusairier selbst „Ali-Anhänger“ (‘Alawiyun). In
der Türkei werden die Alawiten als "Nusayri-Aleviler" (Nusairische Aleviten) bezeichnet.
Der am häufigsten gebrauchte Name, den die Alawiten für ihre Religion verwenden, ist „der
Pfad der Junbulianer“ (Tariqat al-junbulaniya), benannt nach dem dritten Scheikh Abu
Muhammad ‘Abdallah al-Jannan al-Junbulani (gest. 900), der als ältester Autor der
alawitischen Religion gilt.
Andere Quellen gehen davon aus, dass die Bezeichnung „Nusairier“ von der Wurzel „nsr“
abzuleiten ist, mit der Bedeutung „die Sterne genau beobachten“ oder „den Kult bewahren“.
Auch die Selbstbezeichnung der Mandäer (Nasoraya), und die Namen verschiedener
vorchristlicher und judenchristlicher Sekten sind von dieser Wurzel abgeleitet.
Die Verehrung Alis [Bearbeiten]
Die Alawiten sind die Nachfahren der ‘Alja’iten; Ali ibn Abi Talib ist für sie eine
Erscheinungsform des höchsten, namenlosen Gottes, des Urewigen (al-Qadim al-Azal), des
größten Gottes (al-ilah al-a’zam). Nach dem Fall der Lichtseelen hat er sich verborgen und
erscheint seinen Geschöpfen sieben mal wieder, in jedem Himmel einmal. Trotz seiner
wechselnden Gestalt bleibt er immer derselbe, nämlich der Sinn bzw. der Eigentliche (al-
Ma’na). Bei jeder Erscheinung wird er von zwei minderen Wesen begleitet: zum einen vom
Himmelsvorhang (hidschab), in dem er erscheint und der ihm als Name (ism) dient, zum
anderen von der Pforte (bab), die Zutritt zu ihm gewährt. So setzt sich eine Art Dreieinigkeit
zusammen, die sich in sieben Zyklen, beginnend mit Abel, Adam und Gabriel, auf Erden
manifestiert hat. Der letzte Zyklus besteht aus Ali, Muhammad und dem Prophetengefährten
Salmân al-Fârisî.
Bei der Initiierung schwört der junge Alawit, die Lehren seiner Religion geheim zu halten.
Trotzdem sind einige alawitische Handschriften nach Europa gelangt.[7]
Die Geheimhaltung hat unterschiedliche, nicht niedergeschriebene Gründe. Im Großen und
Ganzen folgt sie den Prinzipien der Taqiyya.
Junge Männer werden nach einem definierten Ritual in die Religion eingeweiht. Als
Voraussetzung dient die alawitische Abstammung, denn es ist nicht möglich, in die
alawitische Religion zu konvertieren. Das Initiationsritual dient der spirituellen Erzeugung
einer neuen Seele. Das Ritual besteht aus zwei Hauptteilen, die sieben oder neun Monate
auseinander liegen müssen. Diese Zeitspanne entspricht der Zeit zwischen Zeugung und
Geburt eines neuen gnostischen Menschen. Die bei beiden Zeremonien rezitierten Texte
stammen – soweit es sich nicht um Verse aus dem Qur’an handelt – aus dem wichtigsten
Ritualbuch der Alawiten, dem „Buch der Sammlungen“ (Kitab al-Madschmu’). Diese in 16
Abschnitten (Sure) unterteilte Sammlung wurde nach alawitischem Glauben vom Propheten
Muhammad selbst an die Eingeweihten übergeben. Diese Sammlung wurde von Sulaiman al-
Adani komplett überliefert und ausführlich kommentiert; es liegt in einer englischen und
französischen Übersetzung vor.
Die Alawiten unterwerfen sich dem islamischen Gesetz (Scharia) nicht, weil sie die wahre
(unsichtbare; batin) Bedeutung der einzelnen Vorschriften durchschaut haben wollen; die
„Fesseln sind von ihnen abgetan“. Ob sie überhaupt als Muslime gelten können, war daher
manchmal etwas umstritten. Doch auch wenn sie zur Einhaltung der kultischen Vorschriften
der anderen Muslime nicht verpflichtet sind, ist es ihnen andererseits auch nicht verboten,
daran teilzunehmen. Da das geoffenbarte Gesetz in Form des Korans von einer Person der
himmlischen Dreiheit, dem verehrten Propheten Muhammad, stammt, ist das Wort des
Korans hingegen allgegenwärtig – sowohl in der theologischen Literatur als auch im Kultus
der Alawiten. Die Befreiung von den Geboten der Scharia bedeutet nicht, dass die Alawiten
keinerlei Kulte kennen. Das an großen Festen praktizierte Ritual setzt sich aus einer ganzen
Reihe von Kulthandlungen zusammen, unter ihnen auch zahlreiche Niederwerfungen (sudjud,
Rukûʿ). Tradenten des Rituals sind Scheiche, Angehörige aus Notabelnfamilien, in denen
über die Generationen hinweg die Kenntnis der theologischen Bücher, der Traditionen und
der Ritualtexte gepflegt wird. Die Gemeinde ist von den Initiationen und Festzeremonien
nicht ausgeschlossen. Die Grenze zwischen Eingeweihten und Nichteingeweihten verläuft
vielmehr zwischen Mann und Frau. Bei den Kulthandlungen treten immer drei Scheiche
gemeinsam auf. Sie repräsentieren die drei Ränge des Imams, des Naqibs und des Najibs.
Zugleich symbolisieren sie die himmlische Dreieinigkeit Ma’na – Ism – Bab.
Die 12 ursprünglichen Feste sind in einem Festkalender (Madjmu’ al-a’djad) von Tabarani
festgehalten. Dazu kommen christliche Feste, die auf sekundäre Einflüsse durch die
christliche Nachbarschaft in Syrien zurückzuführen sind. Vorrang genießen natürlich jene
Feste, in deren Mittelpunkt Ali ibn Abi Talib steht, allen voran das „Fest des Teiches“ (’id al-
ghadir) zur Erinnerung an die Szene zwischen Muhammad und Ali am Teich von Chumm
nach der Abschiedswallfahrt des Propheten. Die Imamiten überliefern, dass Muhammad Ali
am 18. Dhu l-hiddscha 632 mit dem Imamat betraut habe. Die alawitische Tradition
überliefert, dass der Herr dem Propheten Muhammad an diesem Tag ganz offen die Einzigkeit
Alis enthüllt habe.
Alawiten sehen sich selbst als Abspaltung der Schia mit dem Unterschied, dass sie selbst
einen Schritt weiter seien und „die verborgene Wahrheit“ (batin) erkannt hätten. Somit sind
die Beziehungen zur Schi’a gut. Da es aber keine Gemeinde oder Oberhäupter der Alawiten
gibt, existiert keine offizielle Stellungnahme von Seiten der Alawiten. Zwölferschiiten
betrachten Alawiten als 'ghulat' (diejenigen, die alle Grenzen bezüglich ihrer Vergöttlichung
von Ali überschreiten). Im Juli 1973 erkannte als erste schiitische Autorität der Imam Musa
al-Sadr, Vorsitzender des obersten schiitischen Rates im Libanon und anerkannte Autorität,
die Alawiten offiziell als Muslime an. Zu diesem Zeitpunkt versuchte al-Sadr seinen
Einflussbereich auch nach Syrien auszudehnen und der syrische Präsident Hafiz al-Assad –
ein Alawit – benötigte dringend eine Anerkennung als Muslim, nachdem sunnitische Muslime
in Syrien forderten, in der Verfassung solle festgeschrieben werden, dass der Präsident des
Landes ein Muslim sein solle. Die Schi’a bezeichnet die Alawiten vereinzelt als ihre „kleinen
Brüder“. Aber auch hier ist eine offizielle Stellungnahme nicht nachzuweisen.
Beziehungen zum Christentum
Da sich die Alawiten in die unmittelbare Nähe von Christen in Syrien niedergelassen haben,
sind viele Berührungspunkte, v.a. im Festkalender, erkennbar. Zusätzlich existieren Theorien,
die eine Verwandtschaft der Alawiten zu den Christen nachzuweisen versuchen. Ungeachtet
dessen sehen missionarisch gesinnte Christen die Notwendigkeit, die Alawiten zu einem
orthodoxen (im Sinne von rechtgläubig), den historischen christlichen Bekenntnissen
entsprechenden Glauben an Jesus Christus zu führen.
Beziehungen zu den Aleviten, Ismailiten und Drusen
Die Inkarnationen Alis und Muhammeds (als eines), sowie die Ablehnung der Scharia und der
Glaube an die Reinkarnation bilden die Hauptgemeinsamkeiten zwischen Bektaschi- und
Nusairier-Aleviten. Jedoch praktizieren die Alawiten kein Cem. Dies trifft ebenfalls auf die
vermeintlichen Gemeinsamkeiten mit den Drusen und Ismailiten zu.
Quelle: Wikipedia, die freie Enzyklopädie
(dort gibt es weitere Quellenangaben)