Top-Ökonom Hans-Werner Sinn fordert von der Bundesregierung,
den Brexit für eine Neuverhandlung des EU-Vertrags zu nutzen: „Die
Bundesregierung sollte die Austrittsverhandlungen Großbritanniens
zum Anlass nehmen, eine Änderung der EU-Verträge zu verhandeln
und dabei so manches, was im Argen liegt, zu korrigieren“, sagte
Sinn der „Welt“.
Der ehemalige Präsident des Münchener Ifo-Instituts würde vor allem Macht
von Brüssel zurück auf die Mitgliedsländer und -regionen verlagern. „Die Zer-
setzungserscheinungen in der EU sind die Konsequenz einer übertriebenen
und fehlgeleiteten Zentralisierung und einer Kompetenzanmaßung der euro-
päischen Institutionen.“
Diese „Übergriffigkeit der EU“ müsse begrenzt werden. Die Europäische Union
sei zu groß geworden, zu unkontrolliert gewachsen und sei dabei von Einzel-
interessen gekapert, die versuchten, die Union für ihre Ziele zu nutzen.
Auf Brüssel setzt Sinn dabei allerdings gar nicht. „Eher bricht die EU aus-
einander, als dass Brüssel freiwillig Kompetenzen an die Mitgliedstaaten
zurückgibt“, sagte der Finanzwissenschaftler.
„Deshalb liegt es an den nationalen Regierungen und besonders an der
deutschen, klarzumachen, dass nicht alles so geht, wie man sich das in
Brüssel vorstellt.“
Die Vertragsänderungen müssten deshalb zwingend mit der Brexit-Diskussion
verbunden werden. Der Ökonom fordert beispielsweise einen neuen Gerichts-
hof, der darauf achten soll, dass Brüssel für sich nur die Kompetenzen für
wirklich grenzüberschreitende Themen beansprucht.
Sinn rechnet allerdings nicht damit, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel
(CDU) die „Courage für eine Vertragsänderung“ haben wird: „Die derzeitige
Bundesregierung wird vermutlich nicht die nötig Kraft aufbringen, eine Änder-
ung des EU-Vertrags durchzusetzen und die Fehlentwicklungen in Europa zu
korrigieren“, sagte der Spitzenökonom.
„Rot-Grün war seinerzeit anders aufgestellt. Schröder hatte damals mehr Mut
als Merkel heute.“ Grundsätzlich müsse die EU im eigenen Interesse fokus-
sierter werden und ihre Mitglieder in ein weniger enges Korsett pressen.
„Die EU kann langfristig nur überleben, wenn sie eine Freihandels-Gemein-
schaft ist, in der sich jeder entfalten und nach seiner Fasson selig werden
kann“, sagte Sinn.
„Wir wollen die EU nicht mit Zwang zusammenhalten, sondern wir wollen eine
attraktive Union, von der jeder etwas hat und deshalb freiwillig dabei bleibt.
Die EU darf nicht werden wie die Sowjetunion. Die war ein Zwangssystem, in
dem alle durch Druck zusammengehalten wurden, und ist dadurch letztendlich
kollabiert.“
Quelle und gesamter Artikel: http://www.epochtimes.de/politik/deutschland/oekonom-sinn-
deutschland-soll-brexit-fuer-neuverhandlung-des-eu-vertrags-nutzen-eu-darf-nicht-wie-
sowjetunion-werden-a1961307.html