Beginnen wir mit dem Grundsatz „Vermindern“. Vermindert werden sollen
beispielsweise Emissionen, Abfälle oder auch die Menge an benötigten Roh-
stoffen. Das ist an sich zweifellos erstrebenswert. Bloß: Durch Verminderung
werden weder der Raubbau an Rohstoffen noch die Zerstörung der Umwelt
gestoppt – diese Prozesse werden einzig verlangsamt.
Beim (Wieder-)Verwenden geht es vor allem darum, die Abfallberge schrumpfen
zu lassen, also sucht man nach Möglichkeiten zur Wiederverwertung. Damit wird
das Problem jedoch meist nur an einen anderen Ort verlagert.
Wenn zum Beispiel Klärschlamm als Kunstdünger verwendet wird, gelangen die
eventuell darin enthaltenen Giftstoffe aufs Feld und in die Nahrungskette. Dasselbe
kann passieren, wenn sogenannte  biologische Abfälle kompostiert werden. Wenn
Materialien nicht ausdrücklich so konzipiert wurden, dass sie gefahrlos zur Nah-
rung für die Natur werden können, dann sind solche Verfahren nicht sicher.
Und was ist mit dem Recyceln? Daran sind wir unterdessen schon so gewöhnt,
dass es doch etwas Gutes sein muss, oder? Nun, die Wenigsten sind sich bewusst,
dass es sich beim Recycling in der Regel um ein Downcycling handelt, eine
Verminderung der Qualität des Materials.
Zum Beispiel wird der für den Autobau verwendete hochwertige Stahl recycelt,
indem man ihn zusammen mit anderen Autoteilen sowie dem Kupfer der Auto-
kabel und mitsamt den Farb- und Kunststoffbeschichtungen einschmilzt. Dieses
„Zusammenmischen“ der verschiedenen Substanzen ergibt dann einen minder-
wertigen Stahl, der für den Autobau nicht mehr geeignet ist.
Oder recyceltes Papier: Damit es wiederverwendet werden kann, muss es intensiv
gebleicht und anderen chemischen Prozessen unterzogen werden. Und mit jeder
Recyclingrunde verschlechtert sich die Papierqualität, da die Fasern immer kürzer
werden und das Papier immer härter.
Wir gehen davon aus, dass ein recyceltes Produkt selbstverständlich umwelt-
freundlich ist. Doch dem ist nicht so. Recycelte Produkte können unter Umständen
sogar schädlicher als neu hergestellte Waren sein. Recycelter Kunststoff enthält
vielleicht mehr Zusatzstoffe als Neukunststoff, weil der Kunststoff beim Recyceln
– das eben ein Downcyceln ist – seine Materialeigenschaften ändert, weniger
elastisch oder reißfest wird. Um diese Qualitätsverluste auszugleichen, werden
deshalb mehr Chemikalien hinzugefügt.
Oder Teppiche und Kleider, die aus den Fasern von Plastikabfällen hergestellt
wurden: In der Meinung, etwas Positives für die Umwelt zu tun, erwerben wir ein
solches Produkt, doch diese Fasern enthalten Toxine wie Antimon, UV-Stabilisa-
toren, Weichmacher etc. – Stoffe, die nie dafür vorgesehen waren, mit der Haut in
Kontakt zu kommen. Und der Teppich gast diese Chemikalien möglicherweise in
das Wohnzimmer aus und erhöht so die Schadstoffbelastung in den eigenen vier
Wänden.
Der fatale Nachteil der Öko-Effizienz ist, dass sich ihre Maßnahmen immer noch
in demselben schädlichen Produktionsprinzip, nämlich „von der Wiege zur Bahre“
bewegen. Der recycelte Teppich und das „Umweltschutzpapier“ drehen bloß eine
Ehrenrunde in Ihrem Zuhause oder Büro, doch landen auch sie schließlich auf dem
Müll.
Das Problem ist, dass diese Produkte, als sie entworfen wurden, nicht dafür vor-
gesehen waren, jemals wiederverwertet zu werden. Das Recycling ist bloß ein
nachgeschobener Gedanke, um etwas Schlechtes weniger schlecht zu machen.
(Und vielleicht auch, um nochmals etwas Profit herauszuschlagen…)
Die Öko-Effizienz hat auch einen moralinsauren Beigeschmack, weil sie auf
einem Verständnis von Schuld basiert. Die Menschen sind schuld am schlechten
Zustand des Planeten (das ist in der Tat auch nicht von der Hand zu weisen), also
hilft nur zu reduzieren – eben: der Fußabdruck Größe Null.
Wir „sparen“ Wasser und Energie, wir verringern unseren Abfall, wir vermeiden
dies und minimieren jenes. Manche finden, es gäbe sowieso viel zu viele von uns
Menschen (Stichwort „Überbevölkerung“), also reduzieren wir uns auch gleich
noch selbst, um der Erde nicht noch mehr zur Last zu fallen.
Doch dies kommt eigentlich einer Kapitulation gleich. Wer versucht, weniger
schlecht zu sein, akzeptiert die Dinge, wie sie sind, und traut dem Menschen nicht
zu, etwas anderes als zerstörerische Systeme zu kreieren. – Doch wir sind Schöp-
fer, geschaffen nach Gottes Ebenbild. Wie sollten wir da nicht in der Lage sein,
Gutes hervorzubringen?
Quelle: Zeitenschrift (https://www.zeitenschrift.com/artikel/cradle-to-cradle-hoffnung-fuer-
einen-ueberlasteten-planeten)