Militärisch-industrielle-Komplex -
        die unheilige Allianz
Die Grundlage bildet das Dreieck aus Militärs, Politikern und großen
Rüstungsproduzenten wie zum Beispiel Lockheed Martin, Boeing, McDonnell
Douglas oder Northrop Grumman.
Zur wirtschaftlichen Seite gehören aber nicht nur die Hersteller von Raketen,
Flugzeugen und Panzern, sondern zahlreiche weitere Hochtechnologie-
unternehmen wie die Konzerne General Electric, Honeywell oder IBM.
Im Zuge des Outsourcings kamen Firmen hinzu, die praktisch die gesamte
Infrastruktur für das Militär bereitstellen, von der Versorgung mit Treib-
stoff über den Bau von Stützpunkten bis zu Wach-, Küchen- und
Reinigungsdiensten.
Das bekannteste dieser Unternehmen ist die texanische Halliburton-Gruppe,
deren Vorstandschef von 1995 bis 2000 der frühere Verteidigungsminister
und heutige Vizepräsident Richard Cheney war.
Im Kosovo baute und betreibt die Halliburton-Tochter Brown & Root den
US-Stützpunkt Camp Bondsteal, die größte der über 800 Militärbasen der
USA weltweit. Auch im Irak zählt Halliburton zu den wichtigsten
Auftragnehmern der US-Truppen.
Brown & Root gehört zudem zur Spezies der privaten Sicherheitsunter-
nehmen beziehungsweise international agierenden Söldnerfirmen wie
DynCorp aus Reston, Virginia, oder die Firma Blackwater, die im Irak auch
genuin militärische Aufgaben übernommen haben.
Nach Angaben des damaligen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld
standen 2004 über 20000 »Firmensöldner« in den Diensten der Besatzungs-
truppen und stellten damit, noch vor den Briten, das zweitstärkste Kontin-
gent.
Eine weitere Säule des militärisch-industriellen Komplexes ist die wissen-
schaftliche Forschung.
Schon 1946 fragte das US-Magazin Time kritisch: »Übernimmt das Militär
die Wissenschaft in den USA, und forschen unsere besten Wissenschaftler
bald nur noch nach militärisch verwertbaren Ergebnissen?«
Beginnend mit dem Manhattan Project zum Bau der Atombombe, ist die
Spitzenforschung immer weiter militarisiert worden. Auf nahezu allen
wissenschaftlichen Gebieten betreiben führende Einrichtungen wie das
Massachusetts Institute of Technology oder die Johns-Hopkins-Universität in
Baltimore milliardenteure Forschungen für das Pentagon.
Fast alle bedeutenden wissenschaftlich-technischen Innovationen seit dem
Zweiten Weltkrieg, von der Entwicklung der Atomenergie über die Luft- und
Raumfahrt bis zur Einführung des Internets, standen in engem Zusammen-
hang mit dieser Forschung. Darüber hinaus wirken die Universitäten und
Schulen auch an den Rekrutierungsaktionen des Militärs mit.
Das politische Funktionieren des militärisch-industriellen Komplexes sollen
Wahlkampfspenden und Heerscharen von Lobbyisten sicherstellen, bei
denen es sich zumeist um ehemalige Offiziere handelt.
Da Rüstungsaufträge häufig ohne Ausschreibung vergeben werden, kommt
es dabei immer wieder zu Korruptionsskandalen. Kritiker sehen den ganzen
Komplex deshalb als ein besonderes Biotop für Missmanagement, Ver-
schwendung und Durchstechereien.
Allerdings brauchen die meisten Politiker wohl kaum bestochen zu werden,
damit sie hohe Militärausgaben unterstützen. Zum einen herrscht seit dem
Ende der Protestbewegung gegen den Vietnamkrieg ein breiter öffentlicher
Konsens darüber, dass die USA ihren Rang als stärkste Militärmacht der
Welt um jeden Preis behaupten müssen.
Zum anderen gibt es ungezählte Kongressabgeordnete, die dafür Sorge
tragen, dass möglichst viele Rüstungsgelder in ihren Wahlkreis fließen. 1969,
auf dem Höhepunkt des Vietnamkrieges, hatte bereits der demokratische
Senator William Proxmire vor einer solchen Abhängigkeit gewarnt. Sie
münde in eine Politik, in ein Denken, das »nur noch militärische Antworten
auf äußerst komplexe diplomatische und politische Probleme« gebe.
Wie teuer der militärisch-industrielle Komplex die Amerikaner kommt, ist
kaum genau zu beziffern. Der offizielle Verteidigungshaushalt – für das
Fiskaljahr 2008 betrug er circa 481 Milliarden Dollar plus 142 Milliarden
Dollar für die Kriege im Irak und in Afghanistan – weist nur einen Teil der
militärischen Ausgaben aus.
Weitere Rüstungsausgaben sind in den Etats anderer Ministerien versteckt,
etwa die Kosten der Atomwaffenforschung im Budget des Energieministeri-
ums. Zudem gibt es etliche Posten, die aus Sicherheitsgründen nicht veröf-
fentlicht werden, wie zum Beispiel die Haushalte der Geheimdienste.
Schätzungen von Budget-Experten zufolge fließen bis zu 50 Prozent aller frei
verfügbaren Haushaltsmittel des Bundes in die Finanzierung des Militärs.
Während Kritiker vor den wirtschaftlichen Folgen der Hochrüstung warnen,
weisen ihre Befürworter darauf hin, dass der Rüstungsanteil am Bruttoso-
zialprodukt heute mit etwa 4 Prozent deutlich niedriger liegt als in der Spät-
phase des Kalten Krieges, als die Regierung Reagan insgesamt mehr als zwei
Billionen Dollar in das Militär steckte.
Manfred Berg,  2008
Quelle und gesamter Artikel: http://www.zeit.de/2008/37/Milit-r_-Industriell_-
Komplex/komplettansicht