Diese kurdischen synkretistischen Religionen sind untereinander - was ihre
Inhalte und Riten betrifft - durchaus unterschiedlich. Was sie miteinander
gemeinsam haben, sind manche sehr alte Inhalte und die Art und Weise, wie
übernommene Inhalte auf originelle Weise zwar logisch miteinander verknüpft,
aber nicht verschmolzen werden.
Eben um diese Besonderheit geht es, wenn von Synkretismus die Rede ist.
Von Mischreligionen ist in dem Zusammenhang nicht zu sprechen, weil im Fall
einer Mischreligion die Elemente viel mehr ineinander übergehen, so daß man
viel weniger in der Lage ist, die Elemente als solche noch zu erkennen.
Beispiel: wir haben hier auf dem Tisch einen Strauß von Blumen. Jeder sieht
sie, dies ist eine gelbe Blüte, das ist eine rote, diese hier ist weiß, und das ist
das Blattgrün. Alle haben ihre Besonderheit, und alle zusammen bilden den
Strauß. Der Strauß ist das synkretistisch Neue. Wenn jemand die Blüten
zerrupfte und die Stiele und Blätter von einander trennte und diese Bestand-
teile zusammenhäufte, entsteht auch etwas Neues, nämlich eine Mischung. Der
Grad der Mischung kann unterschiedlich sein, und man wird manche
ursprüngliche Bestandteile erkennen können, sonst könnte man ja nicht von
einer Mischung sprechen. Doch ist der Unterschied zwischen dem, was
Synkretismus ist, und dem, was eine Mischreligion ist, ein grundsätzlicher und
wesentlicher.
Im Synkretismus bleibt die Vielfalt bestehen und es wird trotzdem etwas Neues
daraus. Die Mischreligion mindert die Vielfalt um das Neue, das durch sie
entsteht. Das Merkmal der kurdischen Religionen ist, daß sie synkretistisch
sind, und das ist ein Grund, weshalb die kurdische Kultur so reich ist, man
könnte auch sagen, weshalb die kurdische Kultur eine pluralistische Kultur ist.
Quelle: http://www.kurdistan.at/kurdistan.htm