Die Autodefensas Unidas de Colombia (Vereinigte Bürgerwehren
Kolumbiens, AUC) waren etwa bis zum Jahr 2006 ein kolumbianischer
Dachverband rechtsgerichteter paramilitärischer Gruppen und einer der
Hauptakteure des bewaffneten Konflikts in Kolumbien. Die EU und die USA
führten bis 2014 die Organisation auf ihrer Liste der Terrororganisationen.
Die AUC wurden 1997 gegründet und gingen aus einer Vielzahl paramili-
tärischer Gruppierungen hervor, die seit den 1960er Jahren in Kolumbien
entstanden waren.
Ihr offizielles Ziel ist es, die Guerillabewegung (FARC, ELN) militärisch zu
besiegen und das Machtvakuum, das in Teilen Kolumbiens besteht, zu füllen.
Der bewaffnete Kampf der AUC richtet sich allerdings auch gegen die Teile
der Zivilbevölkerung, die sie als „soziale Basis“ der Guerillabewegung be-
zeichnen.
Die AUC finanzieren sich größtenteils durch den Kokainhandel. Der teilweise
erfolgende Verkauf von paramilitärischen Einheiten („Bloques“) unter Regie
von Vicente Castaño hat vielerorts zu einer tieferen Verwicklung in den
Drogenhandel und zum gleichzeitigen Nachlassen der
Aufstandsbekämpfung geführt.
Die AUC sind hauptsächlich in den ländlichen Regionen im Norden Kolum-
biens aktiv. Sie sind in mehrere große Blöcke geteilt, zum Beispiel den Bloque
Norte (von Córdoba, Urabá über Magdalena, La Guajira bis nach
Venezuela).
Die AUC wurden lange von Carlos Castaño angeführt, der 2003 verschwand.
In den letzten Jahren haben die AUC ihre Aktivitäten in den Armenvierteln
der großen Städte (Bogotá, Medellín, Cali) verstärkt, wo sie auch neue
Kämpfer rekrutieren. Im Gegensatz zu den Guerillagruppen entlohnen die
AUC ihre Kämpfer.
Die Mitgliederzahl der AUC wird für 2004 auf 13 500 bis 20 000 geschätzt; ob
sie durch den Demobilisierungsprozessgesunken ist, ist zweifelhaft.
Außerdem bleibt das Verhältnis der AUC zu Teilen des kolumbianischen
Militärs und zu den legalen ländlichen Bürgerwehren (Convivir) unklar.
Bis Mitte der 1990er Jahre konnten systematische Verbindungen zwischen
paramilitärischen Gruppen und dem Militär nachgewiesen werden.
Álvaro Uribe hat kurz nach seinem Amtsantritt als erster kolumbianischer
Präsident Verhandlungen mit den AUC aufgenommen.
Im April 2003 unterzeichneten Paramilitärs und Regierung das Abkommen
von Ralito, das die Paramilitärs zur vollständigen Demobilisierung bis Ende
2005 verpflichtete.
Während des 2004 offiziell gestarteten und später verlängerten Demobilisier-
ungsprozesses wurden laut Angaben des UNHCHR bisher über 14 000 AUC-
Kämpfer entwaffnet. Eine sinkende Präsenz der AUC in ihren Einflussge-
bieten konnte allerdings bisher nicht beobachtet werden. Außerdem kriti-
sieren Beobachter, dass bisher hauptsächlich veraltete und nicht
funktionsfähige Waffen abgegeben wurden.
Der Mitbegründer und Anführer Carlos Castaño, der sich mit Teilen der
AUC über die Verwicklung in den Drogenhandel uneins war, verschwand
2003. In den Medien wurden generell sein Bruder Vicente Castaño und Diego
„Don Berna“ Murillo Bejarano mit seinem Verschwinden in Verbindung
gebracht, am 23. August 2006 bestätigten die Behörden der kolumbianischen
Wochenzeitung Semana zufolge seinen Tod.
Rechtliche Grundlage für die Demobilisierung ist das Ley de Justicia y Paz
(Gesetz über Gerechtigkeit und Frieden), das in Kolumbien kontrovers
diskutiert wurde, da es Straffreiheit für Ex-Paramilitärs vorsieht.
Mehrere einflussreicheDrogenhändler (Diego Montoya Sanchez, Wilber
„Jabon“ Varela-Fajardo) versuchten daraufhin, sich als Paramilitärs
darzustellen, um Strafverfolgung und eine eventuelle Auslieferung an die
USA zu vermeiden.
Besonderes Aufsehen erregten die Fälle der Drogenhändler Francisco Javier
"Gordo Lindo" Zuluaga und Miguel Ángel und Víctor "Los Mellizos" Mejía
Múnera, die sich für die Demobilisierung in die AUC einkauften.
Da die AUC selbst in den Drogenhandel verwickelt sind, bzw. viele ihrer
Führer selbst auch Drogenhändler sind, ist es schwierig, bei der Wiederein-
gliederung ehemaliger Kämpfer zwischen Delikten, die unter die Amnestie-
regelung fallen, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, zu unter-
scheiden.
Auch im Hinblick auf die rechtlichen und finanziellen Ansprüche, die Ex-
Paramilitärs im Gegensatz zu ihren Opfern geltend machen können, wurde
der Demobilisierungsprozess im In- und Ausland heftig kritisiert.
Viele Kritiker befürchten, dass die Demobilisierung nur oberflächlich ist und
die Paramilitärs mit mafiaähnlichen Strukturen im Bereich der organisierten
Kriminalität weiterbestehen und insbesondere weiterhin Einfluss auf die
Politik nehmen könnten.
Verschiedene Indizien weisen darauf hin, dass diese Kritik berechtigt ist. Der
AUC-Kommandant Vicente Castaño äußerte 2005, die AUC kontrollierten
etwa ein Drittel des kolumbianischen Kongresses.
Auch bei den Parlamentswahlen 2006 äußerte sich der starke Einfluss der
AUC. Nachdem die großen Parteien Personen, die Verbindungen zu den
Paramilitärs haben, von ihren Listen gestrichen hatten, erzielten drei den
AUC nahestehende Parteien sehr gute Wahlergebnisse, insbesondere in den
Gegenden, in denen die AUC auch vor der Demobilisierung stark waren.
Neben diesen drei jetzt im Kongress vertretenen Parteien, Convergencia
Ciudadana, Alas Equipo Colombia undColombia Viva, sind die Paramilitärs
auch in anderen staatlichen Institutionen vertreten: im April 2006 enthüllten
kolumbianische Medien einen Skandal um den kolumbianischen Inlands-
geheimdienst Departamento Administrativo de Seguridad (DAS). Demzufolge
war das DAS völlig korrumpiert und arbeitete sehr eng mit verschiedenen
paramilitärischen Gruppen (Bloque Norte, BCB, Bloque Centauros)
zusammen.
Aus einem Bericht einer Abteilung der kolumbianischen Staatsanwaltschaft
geht hervor, dass 3700 ehemalige Paramilitärs, die sich zwischen 2003 und
2006 unter den Schutz des Sondergesetzes Ley de Justicia y Paz gestellt
hatten, insgesamt etwa 25.000 Morde eingestanden haben, die sich über einen
Zeitraum von etwa 20 Jahren verteilten, sowie das Verschwindenlassen von
2.251 weiteren Opfern und die Entführung von 831 Menschen.
Durch deren Angaben haben 2100 Gräber mit den sterblichen Überresten
von 2562 Menschen gefunden werden können. Aus den Aussagen gehe auch
hervor, dass Polizei- und Militäreinheiten Massaker an der Zivilbevölkerung
in Auftrag gegeben und die AUC auch aktiv bei den Mordaktionen unter-
stützt haben.