Betreffend Leningrad muss man wissen, dass diese einst so großartige
Stadt -  die im 18. bis ins 20. Jahrhundert die Hauptstadt des Russischen
Kaiserreiches und europaweit ein wichtiges Kulturzentrum war, in den
Nachkriegsjahren viel von ihrem Glanz verloren und im 2.Weltkrieg ein
überaus schweres Trauma erlitten hat. Denn das einstige Sankt Petersburg
wurde während der sogenannten “Leningrader Blockade”  von den
Deutschen mehr als zwei Jahre lang (vom 8.9.1941 bis 27.1.1944)  belagert. 
Die Autorin Masha Gessen, die 1967 in der Sowjetunion geboren und
aufgewachsen ist, schreibt über das ehemalige Leningrad:
“Sankt Petersburg ist eine russische Stadt mit großer Geschichte und groß-
artiger Architektur. Die sowjetische Stadt Leningrad jedoch, in der Wladimir
Putin 1952 geboren wurde, war eine Stadt, in der Hunger, Armut, Zerstö-
rung, Aggression und Tod den Alltag der Menschen bestimmten. Seit dem
Ende der Belagerung Leningrads waren gerade acht Jahre vergangen”,   
siehe Details ...
Putin selbst zeichnete über seine Kindheit in Leningrad ein Bild, das von
Armut, Hunger und Gewalt geprägt war. Ein Leben, das harte, hungrige und
aggressive Kinder hervorbrachte.
Seine Eltern und er bewohnten - wie damals viele Sowjetbürger -  eine
sogenannte Kommunalka, siehe ...  
Masha Gessen schreibt dazu folgendes: “Das Gebäude, indem Putin
aufwuchs, erreichte man über einen Innenhof. Die Bewohner von Sankt
Petersburg nennen diese Formationen “Brunnenhöfe”. Auf allen Seiten von
hohen Mietskasernen umgeben, fühlt man sich, als stünde man am Grund
eines riesigen Steinbrunnens. Wie alle diese Innenhöfe war auch dieser mit
Müll und Schlaglöchern übersät und nicht beleuchtet. Letzteres galt auch für
das Gebäude selbst: Das Treppenhaus aus dem 19. Jahrhundert war
baufällig, und es fand sich darin kaum eine funktionierende Glühbirne.
Große Teile des Geländers fehlten, und der Rest der Konstruktion war arg
wackelig. Die Putins lebten im obersten Stockwerk des fünfstöckigen
Gebäudes, sodass der Weg die dunklen Treppen hinauf bisweilen recht
riskant war.
Wie die meisten Wohnungen im Zentrum Leningrads war auch die der
Putins ursprünglich Teil eine größeren Wohnung gewesen, die man einst für
zahlungskräftige Mieter gebaut hatte. Später wurde sie in zwei oder drei
kleinere Wohnungen aufgeteilt, welche sich dann wiederum mehrere
Familien teilten.
Die Wohnung der Putins verfügte über keine richtige Küche. In dem engen
Gang, den man vom Treppenhaus betrat, befanden sich deshalb ein
freistehender Gasherd und ein Becken. Drei Familien teilten sich den
Vierflammenherd, um ihre Mahlzeiten zuzubereiten. Die Toilette war ein
dauerhaftes Provisorium, das durch die Annexion eines Teils des
Treppenhauses entstanden war. Das Räumchen war unbeheizt. Statt zu
baden oder zu duschen, erhitzten die Bewohner Wasser auf dem Gasherd
und wuschen sich dann über die Toilette gebeugt in dem winzigen, kalten
Raum.
Wladimir Putin war natürlich das einzige Kind in dieser Wohnung. Ein
älteres Ehepaar lebte in einem fensterlosen Zimmer, das man später als
unbewohnbar einstufte. Ein weiteres Zimmer auf der gegenüberliegenden
Seite des Ganges mit der “Küche” belebten ein altes, penibles jüdisches Paar
und dessen erwachsene Tochter. In der Gemeinschaftsküche kam es
regelmäßig zu Konflikten, doch versuchten alle Erwachsenen, den Jungen
aus ihren Streitigkeiten herauszuhalten. Putin spielte oft im Zimmer der
jüdischen Familie. Im Gespräch mit seinen Biografen verblüffte er diese, als
er behauptete, er habe zwischen den alten Juden und seinen Eltern keinen
Unterschied gemacht.” (Masha Gessen, “Der Mann ohne Gesicht, S.62ff.)
Allerdings bestärkt diese Aussage die These, das Wladimir Spiridonowitsch 
und Maria Iwanowna nicht die leiblichen Eltern von Wladimir Putin sind ... 
Lenindenkmal in St. Petersburg (ehem.
Leningrad), zum Größenvergleich: rechts
unten sind Menschen. (Quelle Wikipedia,
Fotograf:Dirk Franke)