Viele Kurden sind Jeziden und Aleviten. Sind diese tatsächlich “Teufels-
anbeter”, wie das zum Beispiel von den fanatischen, islamistischen IS-
Dschihadisten immer wieder behauptet wird? Hier die Wahrheit über diese
Religionen:
Jeziden
Die Yeziden (Ezidi)  werden von Außenstehenden oft als "Teufelsanbeter"
bezeichnet. Aber das ist nur eine böswillige Abwertung. Es handelt sich
tatsächlich um eine synkretistische Religionsgemeinschaft, die manche
Elemente des Mithraismus und Manichäismus bewahrt. Wenn Yeziden z. B.
beten, ihren Gottesdienst verrichten, wenden sie sich in die Richtung der
Sonne. Das ist eine mithraistische Tradition.
Was das Wesen des Menschen angeht, sagen sie, daß jeder Mensch "sein
eigener dunkler Schatten (Teufel)" sei, was dem Manichäismus entspricht, daß
einem Lebewesen neben der lichten reinen Seele (das Gute) immer auch
schmutzige Materie (das Böse) anhafte.
Wenn die Yeziden Karfreitag feiern, was sie tun (und wenn sie Jesus Christus
verehren, was sie auch tun), führen sie - für den Religionswissenschaftler
erkennbar - eine christliche Tradition fort.
Wenn die Yeziden wie die kurdischen Derwische organisiert sind und ihre
bekannten Trance-Tänze durchführen, ist das ein kurdisch-islamischer Kult. Es
ist schon viel Diskreditierendes über die Kurden und ihre Kultur geäußert und
mangels besseren Wissens kolportiert worden. In dem Maße, wie der Reichtum
der von den Kurden gepflegten Kultur voll zutage tritt, wird das eigentliche
Ausmaß der Diskreditierung klar.
Aleviten
Die Aleviten werden z. B. als Anhänger von Ali bezeichnet, der ein muslimi-
scher Kalif war, was eine falsche Interpretation ist. Aus zum Teil totaler
Unwissenheit - selbst im Rahmen orientalistischer Wissenschaft - oder aus
politisch zweckgebundenen Motivationen - wurden und werden die Aleviten
einmal mit Ali, dem vierten islamischen Kalifen, und ein anderes Mal mit den
"Pseudomuslimen" und ein noch anderes Mal mit der rassistischen Ideologie
von Mustafa Kemal ("Atatürk") in Zusammenhang gebracht.
Wer den Glauben der Aleviten ernsthaft verstehen will, muß dessen Inhalte in
Zusammenhang mit den anderen synkretistischen Religionsgemeinschaften
Kurdistans setzen. Alevi hat mit Ali so wenig zu tun wie die Ezidi (Yezidi) mit
Yazid.
Die Bezeichnung Alevi ist (...) ein Hinweis auf die Kraft des Feuers (das bei den
Kurden ein Symbol des Lichtes ist). Das kurdische Wort "halav/hilav" mit der
Bedeutung "Dampf des kochenden Wassers/Flammenspitzen des Feuers", was
im Türkischen als Lehnwort "Alev" mit derselben Bedeutung übernommen
worden ist, kommt als ursprüngliches Bezugswort eher in Frage, denn die
Aleviten betrachten das Feuer als heilig, wie auch die Kurden im allgemeinen
dem Feuer eine gewisse Verehrung entgegenbringen. Es ist eine unter den
Kurden weit verbreitete Sitte, kein Feuer und keine Kerze zu löschen, ohne den
Namen Gottes zu nennen bzw. sich zu entschuldigen.
In bezug auf die Ahli-Haqq (Leute der Wahrheit), die auch Kakayi oder Yarsan
genannt werden, gibt es ähnliche Verwechslungen und Mißverständnisse. Man
behauptet, daß sie "Aliollahi" (Ali-Anbeter) seien, und damit werden sie als
Pseudomuslime eingestuft. Tatsache ist, daß der Gott der Ahli-Haqq nicht Ali,
sondern Sultan Sahak ist. Er soll von einer Kurdin geboren sein, die wie Maria
eine unbefleckte Empfängnis hatte, indem ihr, die unter einem Granatapfel-
baum schlief, ein Kern der Frucht in den Mund fiel, weil ein Vogel die Frucht
direkt über ihr angepickt hatte und sich der Kern dabei löste.
Nach einer ähnlichen Logik sind die Yeziden zu Anhängern von Yazid
geworden, der ein Sohn des muslimischen Kalifen Muawiyah war. Das ist reine
Volksetymologie, die auf lautlicher Ähnlichkeit beruht. Nach der gleichen Logik
meinen manche Araber, daß "Shakespeare" unter Umständen ursprünglich ein
Araber gewesen sei und "Schaich Zubair" hieß.
Die Yeziden nennen sich im übrigen Ezidi (und nicht Yazidi), und das sollte
man ernst nehmen. "Ezd" bedeutet im Kurdischen "Gott" (oder auch Engel)
und "Ezdi" entsprechend Gottesanbeter (und eben nicht "Teufelsanbeter").
Anmerkung:
Grund für dieses Mißverständnis ist die lautliche Ähnlichkeit zwischen dem
kurdischen Terminus "Scha-tan" und dem ursprünglich semitischen Wort "Schaitan"
(vom Hebräischen "Satan") , was  zu der folgenschweren Verwechslung geführt hat.
Das kurdische "Scha-tan" bedeutet nämlich "Engel-leibig" oder "mit dem Körper eines
Engels" und hat nichts mit dem Teufel zu tun. Eine andere Unklarheit hat es lange Zeit
in bezug auf den großen Heiligen der Yeziden namens "Taus-e Malak" gegeben,
nämlich als man "Taus" (das kurdische Wort für den Vogel Pfau) wörtlich als "Vogel
Pfau" verstanden hat. Sehr wahrscheinlich kommt das Wort Taus aus dem
Griechischen, und hat die an die Worte "Zeus" und "Theos" anknüpfende Bedeutung
"Gott". Demnach ist Taus-e Malak der Engel (oder Gesandte) Gottes. Und eben so
sehen die Yeziden selbst ihren Taus-e Malak. (...)”
Über das allgemeine Niveau der Kurdologie in Deutschland:
Arme Wissenschaft! Es ist erstaunlich, daß das Niveau der Kurdologie in Deutschland,
das das Heimatland der Kurdologie bis zum zweiten Weltkrieg war, so gesunken sein
kann, daß im Rahmen dieser Fachrichtung solche Pseudo-Wissenschaft möglich ist.
Manche an deutschen Universitäten abgelegte Magister- und Doktorarbeiten sind so
tendenziös, daß man beim Lesen der Arbeiten weiß, wo bzw. in welchen
organisatorischen Zusammenhängen die Verfasser anschließend Ämter und Posten
bekleiden, meistens im Deutschen Orient-Institut in Hamburg.”
Quelle: http://www.kurdistan.at/kurdistan.htm