Silvio Berlusconi: Der ewige Stenz aus
Italien
Er bezeichnet sich selbst als "fleischgewordenen italienischen Traum". Silvio Berlusconi:
gestandener Macho, bekennender Gigolo und Ministerpräsident von Italien. Was in Deutschland
für Missfallen sorgen würde, wird aber in seiner Heimat bewundert - nicht nur von Männern.
Sonnengebräuntes Gesicht, ewiges Lächeln und doppelreihige Maßanzüge, auf die Silvio
Berlusconi ebenso stolz ist wie auf das, was in ihnen steckt. "Mein Arzt hat mir gesagt, ich habe
den Körper eines Vierzigjährigen," prahlt der 72 Jahre alte Staatsmann gern. Berlusconi, der
alternde Ministerpräsident, hält sich einfach für umwerfend. "Was meinen Sie, wie viele Frauen
mit mir ins Bett gehen wollen?", fragte er eine Reporterin mit dem Bedauern des großen
Verführers.
Berlusconi findet sich unwiderstehlich. Auf dem Titel des hauseigenen Klatschblattes "Oggi"
posierte er in seiner Villa La Certosa in Sardinien Händchen haltend mit zwei jungen
langmähnigen Frauen. Darunter steht die Schlagzeile "Der Harem von Berlusconi". Im Heft sieht
man den Hausherren dann mit leicht bekleideten Damen auf dem Schoß oder Hand in Hand
durch den Garten des Anwesens flanieren. Berlusconi hat die Frauen zum Vehikel seiner
Herrschaft gemacht.
Ein "fleischgewordener Traum"
Außerhalb des Landes mag man solche Prahlerei grotesk finden, den Mann als gelifteten
Operetten-Imperator belächeln, der Goldpuder auf den Wangen trägt und transplantiertes Haar
auf der Halbglatze. Doch seine Landsleute haben den Egomanen schon dreimal - 1994, 2001
und 2006 - zum Ministerpräsidenten gemacht. Obwohl sie wussten, dass der Weg seines
Aufstiegs vom Kleinbürger-Sohn zum Baulöwen und TV-Magnaten von Korruption und
Skandalen gesäumt ist.
Berlusconi sieht das freilich anders: "Ich bin der fleischgewordene italienische Traum", sagt er
stolz. Allenfalls böswillige Menschen, im Zweifel Kommunisten, könnten seine
unternehmerischen, politischen und persönlichen Erfolge ernsthaft anzweifeln.
Etliche Affären werden ihm nachgesagt, was ihm durchaus nicht missfällt. Angefangen von dem
exzentrischen Ex-Pornostar Cicciolina, die als Abgeordnete im Parlament saß. Er soll sie bei
einem gemeinsamen Yacht-Ausflug verführt haben. Auch die Ex-Schönheitskönigin Michela
Brambilla soll seinem Charme erlegen sein, als sie auf 15-Zentimeter-Absätzen durch die
Provinz stakste, um Berlusconis Fanclubs zu organisieren. Mit der Ministerin für Gleichstellung,
Mara Carfagna, ein 33-jähriges früheres Nacktmodell, soll ebenso was gelaufen sein. Ganz zu
Schweigen von den vielen blutjungen Frauen, für die Berlusconi mehrmals den Direktor des
Staatsfernsehens RAI anrief, um sie für eine Schauspielkarriere zu empfehlen.
Bewunderung statt Kritik
Derartiges Playboy-Gehabe ruft in Italien noch immer Bewunderung hervor. Jedenfalls findet die
Mehrheit der Männer nichts Anrüchiges daran. Wenn Berlusconi seine Bewunderung gegenüber
einer interessanten Frau Ausdruck verleihe, so sei das eine Ehrerbietung gegenüber allen
Frauen und keine Beleidigung der eigenen Gefährtin.
Diese solle gefälligst ihrem gestressten Gatten ein kuscheliges Heim bereiten und sich um das
Wohl der Kinder kümmern, finden auch viele italienische Frauen. Dass Veronica Lario sich
stattdessen wehrt und einen Ehekrieg anzettelt, stößt mitunter auf Ablehnung. Mit 52 Jahren
könne sie eben nicht mehr mit den jungen Frauen mithalten und müsse die Reife besitzen, über
die Eskapaden ihres Ehemannes hinwegsehen zu können.
Berlusconi selbst gesteht seiner künftigen Ex-Gattin noch nicht einmal zu, dass sie selbständig
denkt und handelt. In seinem Kommentar nennt er sie noch nicht einmal beim Namen. "Die
Signora hat sich von der linken Presse in die Irre führen lassen", sagt ein bitterer Berlusconi. Es
sei nun schon das dritte Mal, dass seine Frau ihm inmitten eines Wahlkampfs in die Parade
fahre - "das reicht", sagte der 72-Jährige dem "Corriere della Sera". Er glaube nicht an eine
Versöhnung und wisse auch nicht, ob er sie überhaupt noch wolle.
Quelle:  www.stern.de/lifestyle/leute/silvio-berlusconi-der-ewige-stenz-aus-italien
von Luisa Brandl