Silvio Berlusconi Die Familie wird zum
Politikum
Die politische Karriere von Silvio Berlusconi ist am Ende. Aber auch der Unternehmer
Berlusconi hat Probleme: Sorgen um die Zukunft seines Medienkonzerns und ein
vorgezogener Erbschaftsstreit.
© Giorgio Lotti/laif Martina, Silvio und Piersilvio Berlusconi
Der Politiker Silvio Berlusconi sucht gerade seinen Rückzug aus dem Amt des
Ministerpräsidenten so zu organisieren, dass daraus nicht ein völliger Machtverlust wird. Doch
auch für den Unternehmensgründer Berlusconi bleibt ausgerechnet am Ende der politischen
Karriere eine große Baustelle offen. Zum einen fragen sich die Analysten, ob der von der
Unternehmerfamilie Berlusconi beherrschte Fernsehkonzern Mediaset auch ohne den
politischen Rückhalt des Politikers Berlusconi auf dem Werbemarkt und bei
Auseinandersetzungen um Regulierungsfragen reüssieren könnte.
Zwar ist das Unternehmen, zu 40,1 Prozent von der Familie beherrscht und mit drei großen
Investmentfonds im Aktionärskreis, in diesem Moment sicher kein banales
Propagandainstrument des Ministerpräsidenten. Auch wären übertriebene Gunstbeweise durch
neue Gesetze schnell zum politischen Skandal ausgeartet, wenn Berlusconi diesen Weg
versucht hätte. Dennoch vermuten Analysten noch unterschwellige Verbindungen. Der
Ministerpräsident, der selbst seit dem Eintritt in die Politik im Jahr 1994 aus der operativen
Führung des Familienkonzerns ausgeschieden ist, soll dennoch immer wieder mit
Aufmerksamkeit die Liste der Werbetreibenden studiert haben. Wenn mancher Werbeauftrag
auch als Akt der Beziehungspflege mit der Politik verstanden würde, so die Annahme, dann
könnte in den kommenden Monaten das Werbegeschäft von Mediaset leiden. Der macht noch
immer den Löwenanteil des Konzernumsatzes aus. In den ersten neun Monaten 2011 waren es
rund 3 Milliarden Euro.
Auseinandersetzung in der Familie
Mediaset wird geführt vom getreuen Freund Berlusconis, Fedele Confalonieri, im Amt des
Präsidenten und seinem Sohn Piersilvio als Vizepräsidenten und Programmchef. Der Konzern
mit Aktivitäten in Italien und Spanien war jahrelang ein zuverlässiger Lieferant von Gewinnen
und Dividenden, ist jedoch weit entfernt von der einstigen Dynamik unter dem früheren
Jungunternehmer Silvio Berlusconi, der den Sender mit vielen Innovationen, ohne große
Hierarchie und formlosen Treffen eines kreativen Führungskreises jeden Freitagnachmittag im
Hause Berlusconi führte. Mediaset hat zwar Erfolge im Bezahlfernsehen vorzuweisen, doch bei
den Programminhalten scheinen die neuen Ideen seit langem ausgegangen zu sein. Das Leben
in Berlusconis Fernsehkonzern war dabei nicht geprägt vom Gedanken an die politische Macht
des Eigners, eher vom Trauma, man könnte mit irgendeiner Handlung übertriebene politische
Gegenreaktionen auslösen.
In dieser Situation zeichnet sich nun auch eine Auseinandersetzung in der Familie ab. Silvio
Berlusconi hat früh seine beiden Kinder aus erster Ehe in die Geschäfte miteinbezogen. Marina,
geboren 1966, fungiert als Präsidentin der Familienholding Fininvest, meldet sich aber nur
selten zu Wort. Piersilvio, geboren 1969, ist dagegen im Fernsehen aufgewachsen, von der
gleichen ausgesuchten Höflichkeit wie sein Vater, aber ohne den Geist der politischen Mission.
Ihn interessieren vor allem Einschaltquoten und Werbeeinnahmen. Sowohl Marina als auch
Piersilvio identifizieren sich so sehr mit ihrer unternehmerischen Aufgabe, dass sie den Vater
immer wieder umstimmen konnten, wenn der mit dem Gedanken eines Verkaufs - etwa des
Fernsehens an Rupert Murdoch - gespielt hatte.
Die Tochter drängt
Doch nun drängt auch die älteste Tochter aus zweiter Ehe, Barbara Berlusconi, ungestüm ins
Geschäft. Die 1984 geborene Tochter wollte angeblich gleich nach dem Abschluss ihres
Philosophiestudiums zur Präsidentin von Mondadori aufsteigen, ein Wunsch, der ihr
abgeschlagen wurde. Nun darf sie sich trösten in einer öffentlichen Affäre mit einem Fußballstar
des ebenfalls familieneigenen Fußballklubs AC Mailand.
Doch Veronica Berlusconi, die zweite Ehefrau Berlusconis und Mutter von Barbara, Eleonora
(geboren 1986) und Luigi (1988), drängt auf Scheidung und auf eine Regelung der Erbschaft.
Die früher öffentlichkeitsscheue Veronica hatte zunächst nur Andeutungen über ihre Probleme
mit Silvio in einer Biographie publizieren lassen, später aber mit einem entrüsteten Brief in einer
oppositionellen Zeitung ihrem Ärger über den Lebensstil ihres Ehemanns freien Lauf gelassen.
In der Scheidung will sie nun eine Abfindung zumindest in dreistelliger Millionenhöhe und
zugleich mehr Rechte für ihre drei Kinder. Silvio Berlusconi hätte im Moment offenbar lieber,
könnte er seine älteren Kinder begünstigen. Mit ihnen hat er auch vor der Entscheidung über
den Rücktritt gesprochen. Denn nun wird auch die Familienpolitik im Hause Berlusconi zum
Minenfeld.
Quelle: F.A.Z.
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