Geheime Steuerabsprachen - Luxemburg erspart Konzernen
Milliarden
Geheime Dokumente offenbaren, wie internationale Unternehmen mit
Luxemburger Hilfe Steuern in Milliardenhöhe vermeiden. Pepsi, E.ON, Ikea,
Amazon, iTunes, die Deutsche Bank und viele mehr profitieren von den
Steuergesetzen.
Gemäß diesen Berichten hat Luxemburg Hunderten Konzernen in geheimen
Absprachen hohe Steuerabschläge zugesichert - und so weltweit Steuerzah-
lungen in Milliardenhöhe verhindert.
Der Datensatz zeigt, dass mehr als 340 Firmen die Vorteile der Steuerdeals
nutzen. Zum Teil erreichen sie in Luxemburg eine effektive Steuerrate von
weniger als einem Prozent - ganz legal, obwohl Luxemburg eine Unter-
nehmensbesteuerung von nominell 30 Prozent hat.
Entwickelt hat die Steuermodelle die Unternehmensberatung Pricewaterhouse
Coopers (PwC). Berater setzten dabei komplizierte Strukturen auf, verschach-
telte Firmen, die zum Teil über viele Ländergrenzen hinweg miteinander zu-
sammenhängen. Danach wurden die Dokumente, die größtenteils aus den
Jahren 2008 bis 2010 stammen, von der Luxemburger Finanzverwaltung
abgesegnet. Trotz der extrem niedrigen Steuern profitierte auch Luxemburg
davon: Die Unterlagen belegen, dass Firmen zum Teil gigantische Summen in
den Kleinstaat verschoben haben, bis zu 50 Milliarden Euro.
Die Modelle zeigen detailliert, wie die Steuervermeidung funktioniert. Das
Energieunter-nehmen E.ON etwa hat in Luxemburg eine Art firmeneigene Bank
eingerichtet hat: eine Tochtergesellschaft, die hohe Summen an E.ON-Ge-
schäftsteile in den USA oder Großbri-tannien verliehen hat. Diese zahlten das
Geld zurück - plus Zinsen. So konnte E.ON in Luxemburg große Barreserven
ansammeln, die durch einen Trick mit Verlustvorträgen nahezu komplett am
Finanzamt vorbeiflossen. 2012 nahm die Luxemburger E.ON-Tocher rund 130
Millionen Euro ein - zahlte aber etwas weniger als 1600 Euro Steuern.
Die meisten Steuersparer kommen aus den USA. Darunter: Softdrinkhersteller
Pepsi, Versandhändler Amazon, Apple-Tochter iTunes, Baumaschinen-
hersteller Caterpillar, Ketchup-Riese Heinz und das Konsumgüterimperium
Procter & Gamble. Alle diese Konzerne nutzen die Vorteile des Landes.
Wie zum Beispiel der schwedische Möbelriese Ikea. Er leitete Lizenzgebühren
aus Läden in der ganzen Welt über die Niederlande nach Luxemburg und
weiter in eine Stiftung in Liech-tenstein - jedes Jahr Hunderte Millionen Euro,
die in Luxemburg nahezu nicht besteuert werden.
"Eine Gesellschaft in Luxemburg bietet eine Möglichkeit, Einkommen aus
welchem Land auch immer abzuziehen", sagt Stephen E. Shay, Professor für
Internationales Steuerrecht an der Harvard Law School und ehemaliger
Mitarbeiter des US-Finanzministeriums. Laut Shay ist Luxemburg für Konzerne
"wie ein magisches Märchenland".
Die geheimen Absprachen sind in Luxemburg legal, könnten aber von den
Steuerbehörden anderer Länder angegriffen werden, wenn sie dort als unrecht-
mäßig betrachtet werden. Experten schätzen, dass allein deutsche Finanzämter
durch die Tricks der Steuerberatungen pro Jahr zwischen 20 und 30 Milliarden
Euro Steuern entgehen.
Der NDR veröffentlicht jetzt gemeinsam mit dem WDR, der Süddeutschen
Zeitung und dem International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ)
über 1000 solcher Steuerabsprachen mit insgesamt mehr als 27.000 Seiten. In
den vergangen sechs Monaten werteten mehr als 80 Reporter aus 26 Ländern
die Unterlagen aus, darunter der britische "Guardian", die französische Zeitung
"Le Monde" und der US-Sender CNBC.
Brisant dabei: Aufklären soll also nun ausgerechnet der Mann, der wie kein
anderer für den Aufstieg Luxemburgs als internationaler Finanzstandort steht:
Jean-Claude Juncker, ehemaliger Luxemburger Premier- und Finanzminister
und seit Anfang November Präsident der Europäischen Kommission. Er ist der
Architekt hinter vielen der firmenfreundlichen Steuerregelungen im Herzogtum.
Quelle und gesamter Artikel: http://www.tagesschau.de/wirtschaft/luxemburg-steuern-
101.html
Immerhin muss man erwähnen, dass die EU-Kommission bereit ist, gegen
diese Steuerhinterziehungspraktiken von Konzernen vorzugehen. So wurde im
Juni 2014 die sogenannte “Mutter-Tochter-Richtlinie” beschlossen.
Hintergrund: Die EU-Staaten stecken in der Schuldenfalle - auch weil hoch-
profitable Großkonzerne wie Amazon, Apple oder Starbucks in Europa so gut
wie keine Steuern zahlen. Und das ohne den Fiskus zu betrügen. Sondern ganz
legal. Indem sie nämlich die unterschiedlichen Steuersysteme der EU-Staaten
ausnutzen.
"Die Steuersysteme passen oft nicht zusammen", sagt EU-Steuerkommissar
Algirdas Semeta. "Dadurch entstehen Schlupflöcher. Und die nutzen einige
Unternehmen, um ihre Steuern zu minimieren." Semeta hat etliche solcher
Schlupflöcher benannt. Aber ob und wie sie geschlossen werden, das
entscheidet nicht die Brüsseler Kommission. Sondern das ist Sache der
europäischen Finanzminister.
Die Debatten gestalten sich seit Monaten zäh. Aber zumindest eines der
Schlupflöcher wird nun gestopft, haben die Minister heute in Brüssel ent-
schieden. Dabei geht es um eine Reform der sogenannten Mutter-Tochter-
Richtlinie. Die regelt die Besteuerung von Konzernteilen, die in verschiedenen
Ländern angesiedelt sind mit dem Ziel, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.
(Gesamter Artikel siehe: http://www.tagesschau.de/wirtschaft/steuerschlupfloch-100.html)
Auch der Finanzminister von Luxemburg, Pierre Gramegna, hat nach diesen
Enthüllungen, am 11. November 2014, Fehlentwicklungen eingeräumt. „Das
Zusammenspiel der nationalen Regeln mit internationalen Verträgen bringt mit
sich, dass Unternehmen manchmal keine Steuern oder ganz wenig Steuern
zahlen“, sagte er.
Dieses Vorgehen sei zwar legal, aber zugleich ethisch und moralisch nicht
vertretbar, fügte Gramegna gemäß orf.at hinzu. „Dagegen muss etwas gemacht
werden, das kann aber nur international gemacht werden.“ Sein Land sei zu
entsprechenden Absprachen mit den übrigen Mitgliedsstaaten der Organi-
sation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bereit.
Die EU-Kommission untersucht nun die Steuerpraxis für Konzerne in
Luxemburg, den Niederlanden, Irland und Malta. Die neue EU-Wettbewerbs-
kommissarin Margrethe Vestager nimmt dabei Fälle unter die Lupe, die in die
Amtszeit von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker als luxemburg-
ischer Ministerpräsident fallen. (Gesamter Artikel: http://orf.at/#/stories/2253322)