12-Stunden-Tag: Nun gibt es erste Beschwerden:
Seit 1. September gilt das neue Arbeitszeitgesetz, das unter anderem den
Zwölfstundentag ermöglicht. Nach den ersten Berichten über Unternehmen, die
ihre Mitarbeiter unter Druck setzen und sogar kündigen, ist die Debatte neu
entfacht. Die ÖVP-FPÖ-Koalition überlegt, das Gesetz nachzuschärfen und
droht Unternehmen mit Sanktionen...
Die SPÖ fordert nun (8.11.) eine Neuverhandlung des umstrittenen
Gesetzes...
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Am 16.11. hat im Nationalrat eine Sondersitzung zum neuen Arbeits-
zeitgesetz stattgefunden. Die SPÖ forderte darin, dass das Gesetz von Grund
auf neu verhandelt wird.
Der Titel des Dringlichen Antrags lautete: “Das neue Arbeitszeitgesetz in der
Praxis: Keine Freiwilligkeit, weniger Lohn, weniger Freizeit – lernen Sie
aus Ihren Fehlern, Herr Bundeskanzler!“
Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) allerdings war – sehr zum Ärger der SPÖ – gar
nicht anwesend. An seiner Stelle verteidigte Wirtschaftsministerin Marga-
rete Schramböck (ÖVP) die Regierungsregelung.
Und die wischte alle Bedenken der Opposition mit folgenden Argumenten vom
Tisch: In Schweden könne man bis zu 13 Stunden pro Tag arbeiten. Zudem ha-
be die Regierung die Freiwilligkeit sogar gestärkt, indem man ein generelles
Ablehnungsrecht für Arbeitnehmer etabliert habe. Aufgabe der Regierung sei
es, den Standort zu sichern und nach vorne zu bringen (!!??) – und genau
das werde mit der Regelung bezweckt.
Mit dieser (empörenden) Argumentation hat die Wirtschaftsministerin bestätigt,
was SPÖ-Klubchefin Pamela Rendi-Wagner der Regierung in der Begrün-
dung des Dringlichen Antrags vorgeworfen hatte: nämlich nur die Interessen
der Großindustriellen zu vertreten: „Sie setzen auf das Recht des Stärkeren.“
Das Gesetz diene ausschließlich wenigen Unternehmern, bringe aber
Nachteile für Millionen von Arbeitnehmern: „Arbeitende Menschen
sind Ihnen einfach nichts wert.“
Kritik an dem „Husch-Pfusch-Gesetz“ kam auch von NEOS. Man habe der
dringend notwendigen Flexibilisierung ursprünglich zwar zugestimmt, aber
auch auf Fehler hingewiesen – und nun gebe es immer mehr Fälle von Rechts-
unsicherheit, sagte Parteichefin Beate Meinl-Reisinger. Sie forderte die Koa-
lition daher auf „von ihrem hohen Ross“ zu steigen und über Verbes-
serungen zu verhandeln, denn „speed and ignorance kill“.
Daniela Holzinger von der Liste Pilz (LP) warf der Regierung vor, ihren
Unterstützern aus der „Wirtschaftslobby“ Profite auf Kosten der Lebensqualität
der Mehrheit der Menschen ermöglichen zu wollen. Die Koalition habe „ein
Konzept für Sozialabbau“ wie unter Schwarz-Blau I vorgelegt – und dazu
komme noch die geplante Senkung der Körperschaftssteuer zulasten des
Sozialstaats.
„Fakt ist, dass Ihr Arbeitszeitgesetz nicht funktioniert, dass Arbeitnehmer zu
zwölf Stunden am Tag und 60 Stunden pro Woche gezwungen werden“, hielt
SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch dagegen. Dass die Zahl der Arbeitszeit-
verstöße laut Sozialministerium zurückgegangen ist, beeindruckt ihn nicht,
habe das neue Gesetz doch vieles vorher Illegale legalisiert: „Das ist so, als
würde ich bei der Autobahn von 130 auf 180 km/h gehen und hintennach feiere
ich, dass es keine Raser mehr gibt.“
Mehr dazu siehe https://orf.at/stories/3100991/